Hilfe, der Papa ist verschwunden!

Mit Bart war die Welt noch in Ordnung
Mit Bart war die Welt noch in Ordnung

Heute waren wir ein erstes Mal gemeinsam beim Bergwandern, um die geliehene Kraxn auszuprobieren. Der junge Herr war vollauf begeistert, als er in luftige Höhen gehievt wurde und mit jedem Schritt hin und her gewiegt wurde, als reite er gerade auf einem Dromedar durch die Wüste. Auf dem Weg zum Engelstein erzählte die N., dass der Kleine seit neuestem zu fremdeln angefangen hat.

Selbst Freunden gegenüber, die wir seit einiger Zeit nicht mehr gesehen haben, wird er sehr still und reserviert und lässt sich weder anfassen noch hoch heben. Ich schmunzelte und freute mich, dass der kleine Zwack hinter mir so viel Spaß beim Wandern hat und seit Minuten juchzte und plapperte.

Als wir auf dem Rückweg an einem Rehgehege vorbei kamen und die Rehe ihrerseits fremdelten, den Kleinen misstrauisch beäugten und seltsam zu niesen begannen, wurde der von einem herzhaften Lachanfall heimgesucht und lachte glucksend bei jedem Nieser der Rehkitze.

Zurück zu Hause wollte ich mich meines Drei-Wochen-Bergsteigerbartes entledigen und begann mich zu rasieren. Der Sohnemann stützte sich auf den Beckenrand der Badewanne und schaute mir interessiert zu.

Innerhalb weniger Augenblicke fielen die stoppeligen Barthaare der Rasierklinge zum Opfer und als mein Gesicht wieder seriös, glatt und fünfzehn Jahre jünger aussah, klatschte ich mir, um die dreiwöchige Zeremonie zu vervollständigen, noch ein zufällig ausgewähltes Rasierwasser ins Gesicht.

Danach setzte ich mich zufrieden zum Zwack an den Beckenrand und lächelte ihn an.

Der Kleine musterte mich lange und streng. Auf einmal verfinsterte sich sein Blick. Ich unternahm einen kurzen Versuch, ihn in die Arme zu nehmen: „Ich bin's, der Papa“, da brach er vollends in Tränen aus, starrte das fremde Gesicht an und heulte Rotz und Wasser. Der Papa war verschwunden und hatte ihn mit diesem fremden, stinkenden Milchbubi allein gelassen.

Eine halbe Stunde intensiver Spieleinheiten und beruhigendem Zureden später, lächelte er mich ein erstes Mal wieder zögerlich an. Der Papa bin ich offensichtlich noch immer nicht, aber wenigstens bin ich schön langsam jemand, den er nicht ganz unsympathisch findet…

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Rebel (Freitag, 10 Mai 2013 22:27)

    Wie geil!!!