Nach viereinhalb Jahren Erfahrung als Papa dachte ich, ich hätte an nächtlichen Ausrufen, Forderungen und Schreien schon alles gehört, was es zu hören gibt. Zugegebenermaßen werden unsere Kinder von Jahr zu Jahr kreativer und die letzten Wochen haben sie uns das ein und andere Mal mit ihren tiefnächtlichen Aussagen überrascht und uns ein Schmunzeln auf die Lippen gezaubert. Soweit dies um vier Uhr früh möglich ist.
Heute früh war es wieder mal soweit. Lautes Plärren aus dem Kinderzimmer: „Papa! Papaaaaa! Paaaaaapaaaaa!!!!“ Das ist ebenfalls neu: Unsere Kinder wählen nach einem strengen, wenn auch nicht ganz durchschaubaren System ihren persönlichen Nachtbetreuer aus. Sie: „Wer ist das? Loni oder Bastian?“ Ich: „Keine Ahnung.“ Kind (hysterisch): „Paaaaaaaa… paaaaaaaaa!“ Sie: „Du bist gemeint.“ Ich (lässig): „Ich muss morgen arbeiten.“ Also schlurft die Mama schlaftrunken ins Kinderzimmer. Man nannte diese Stunde, glaube ich, in der Romantik die „Blaue Stunde“. Unsere Kinder lieben die Blaue Stunde! Ich höre im Halbschlaf der Konversation zu: „Basti, was schreist du denn so? Hast du schlecht geträumt?“ „Nein!“ „Ja was ist denn dann los?“ Und der Kleine erklärt kleinlaut, aber empört – und ich meine erst, mich verhört zu haben: „Das Kissen ist kuddelmuddel.“ Sofort bin ich hellwach. Das Kissen ist was? „Das blöde Kissen ist kuddelmuddel! Ich kann nicht einschlafen!“ Fassungslos sitze ich im Bett. Wo hat er denn dieses Wort her? Die vier Wände im Haus jedenfalls hören es zum ersten Mal. Während die Mama das Kissen ausschüttelt und den kuddelmuddel beendet, schlafe ich begeistert wieder ein.
Einen anderen Satz hörten wir letztens von unserem Kleinen. Es war kein außergewöhnlicher Satz – zu Hause und in der Kinderkrippe hört man ihn derzeit des Öfteren. Neu aber war, ihn zur Blauen Stunde zu hören: Diesmal eile ich ins Kinderzimmer. Der Kleine steht schluchzend im Gitterbett. „Ja was ist denn los?“ Tränenüberflutet schaut er mich mit seinen Kulleraugen an und antwortet mit wimmernder Stimme: „I hob Hunga!“ Wie bitte? Hunger? Um vier Uhr?
Wer den Loni kennt der weiß, dass nun höchster Handlungsbedarf geboten ist, will man nicht jeden Moment mit einem wütend tobenden Kind konfrontiert werden. Aber was tun zur Blauen Stunde? Jetzt schon aufstehen und Frühstücken? Ein Salamistangerl aus dem Kühlschrank holen? Oder noch besser einen „Gugu“ – einen Yoghurt? „I hob Hunga!“ schluchzt der Kleine wieder. Doch die Blaue Stunde hat auch ihr Gutes: Ohne Widerrede lässt er sich wieder unter seine Decke komplimentieren, kuschelt sich an sein Buppi und lässt den Diezi als Essen gelten. Puh, Glück gehabt!
...und das geschah zuletzt im Elterntagebuch: Entspannter Start in den Tag...
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