Einer der schönsten Orte zum Heiraten zwischen Salzach und Chiemsee ist wohl der Güßhübel bei Kirchanschöring. Dort lädt unter der Woche Franz Aicher vom Knallerhof die Radler und Kulturinteressierten zum inspirierten Verweilen ein. Und während der Sommermonate findet dort an den Wochenenden so manche Hochzeit statt. Auf einer dieser romantischen Hochzeiten waren nun auch wir eingeladen: Die Taufpatin vom Loni hat geheiratet!
Bevor wir eine der schönstmöglichen Hochzeiten vor idyllischer Kulisse erleben durften, mussten wir aber die großen Prüfungen aller Familien vor einer Hochzeit bestehen: Was ziehen die Kinder an? Noch wichtiger: Wie soll sich die Mama die Haare machen? Der Papa, schon seit Stunden in voller Montur, gibt noch hilfreiche Tipps. Also Tipps, die er als hilfreich empfindet und sich wundert, warum ihm die Frau so böse Blicke und Haarklammern zuwirft. Letztendlich hatte sie es dann doch in rekordverdächtiger Zeit geschafft.
Sitzen schließlich alle frisch gestriegelt und gekämmt im Auto, ist noch einmal die Checkliste durchzugehen: Geschenk dabei? Alle Kinder dabei? Soll die Mama doch noch versuchen, kurzfristig einen Friseurtermin zu bekommen?
Dann ging es schon los und wir kamen pünktlich am Nachmittag als Vorzeige-Familie in Tracht auf der Hochzeit an. Sofort waren wir überwältigt von dem atemberaubenden Ambiente: Vor der Bergkulisse war ein Zelt aufgebaut – standesgemäß groß für die Cousine der Jungs vom Lampodinger Zeltverleih. Im Zelt war jeder Tisch liebevollst mit Blumen geschmückt. Und das Güßhübel – Drumherum mit den Dutzenden Liegen, Prinzessinnenbetten und Sitzgelegenheiten ist auch an hochzeitsfreien Tagen ohnehin eine Reise wert. Am meisten überwältigt waren wir aber, dass offensichtlich gerade eine vierköpfige Trachten-Truppe eine astreine Hippie-Hochzeit crashte. Die anderen Gäste – der Bräutigam meinte wahrheitsgemäß er habe noch nie so viele schöne Menschen auf einem Haufen gesehen – trugen allesamt Leinenhemden, Fliegen, Hipster-Hüte, Blumen im Haar und alle waren barfuß. Zumindest mit den Blumen im Haar konnten wir bald mithalten. Die klauten wir uns im Garten.
Viele der Gäste hatte ich seit – wie alt ist Bastian? – ah ja, sieben Jahren nicht mehr gesehen. Trotzdem konnte ich gar nicht viele News berichten. Denn viele outeten sich, dass sie regelmäßig das Elterntagebuch lasen und up to date waren, was ich und meine Kinder so trieben. Und natürlich kam bald an der Bar die Frage auf: „Stimmt es, dass ihr damals alle gebrannt habt?“ Ich verneinte, verfluchte das Internet und schwor mir, Google anzurufen, um den Beitrag löschen zu lassen.
Das Brautpaar hatte sich ein grandioses Spiel einfallen lassen, damit sich die Gäste besser kennenlernten. Für jeden, wirklich jeden Gast hatten sie einen passenden Zweizeiler auf Zettel geschrieben, die quer über alle Tische verstreut lagen. Jeder Gast musste seinen Zettel-Partner finden und mit ihm ein Getränk an der Bar trinken. So lernte man innerhalb kürzester Zeit auch jene Hochzeitsgäste kennen, die einem zuvor unbekannt waren. Auf meinem Zettel stand „Traunsteiner Partygott und liebevoller Vater“.
„Mist, ich habe mich selbst gezogen!“, murmelte ich. Meine Kumpel schauten mich mit hochgezogenen Brauen, meine Kinder kopfschüttelnd an. Also machte ich mich auf die Suche nach dem feierwütigen liebevollen Vater. Doch die Traunsteiner Partygötter hatten alle keine Kinder. Und die liebevollen Väter lehnten es ab, mit mir einen Schnaps zu trinken - konnten also keine Partygötter sein. Es blieb nur noch ein liebevoll feiernder Vater übrig. „Blöd, dass du nicht in Traunstein wohnst“, seufzte ich. Er schaute mich tadelnd an: „Berni! Ich wohn doch wieder in Traunstein. Schon seit zwei Jahren!“ Schnaps!
Auf meinem Zettel stand natürlich „Chiemgauer Autor und Blogger“ und ich hatte Glück, dass mich der Bruder der Braut zog. Wir tranken zufrieden einen Schnaps, wir sprachen über erfolgreiche Vertriebs-Manipulationstechniken, ich probierte sie aus und verkaufte ihm gleich eines meiner Bücher.
Erst jetzt fragte ich mich, wo eigentlich meine Kinder waren.
Die hatten sich in der Kinder-Ecke gegenseitig mit Seifenblasenlauge vollgeschüttet. Weiß jemand, wie man Seifenlauge wieder aus einer Lederhose herausbekommt? Und schreibt bitte nicht „Mit Seifenlauge!“.
Erst jetzt fragte ich mich, wo eigentlich meine Frau war.
Sie hatte sich zielsicher den Zettel geschnappt auf dem stand "Yogi und Indien-Fan". Ich entdeckte sie tatsächlich an der Bar, wo sie mit einem langhaarigen gutaussehenden Herrn in bestem Alter über Urlaubstrips nach Indien palaverte. Begeistert rief sie: "Er sagt, es ist überhaupt kein Problem, mit Kindern nach Indien zu reisen! Ich hab schon so gut wie gebucht!"
Ich schluckte und ging zurück zu den Kindern.
Meine Kinder trugen zu ihrer Tracht stylische Käppis mit einem dieser Pailletten – Motiven. Aber irgendwas stimmte nicht. „War dein Ninja Go vorher nicht grün?“ Bastian nickte und zeigte mir, dass man die Pailletten wenden und somit das Motiv ändern konnte. „Wahnsinn!“ verdutzt schaute ich ihm zu. Den Rest der Hochzeit verbrachte ich damit, bei allen Kindern, die mir in die Quere kamen, über die Pailletten-Motive zu streichen. "Wahnsinn! Ein Wunder der Technik!"
Während Bastian nach mehreren Limos wieder in seinen bekannten „Braut-Modus“ umschaltete und der Braut auf Schritt und Tritt folgte, pendelten wir zwischen Sebastians-Kapelle und Bücherhütte hin und her. Franz Aicher hatte mir erzählt, dass kein Buch so oft aus der Bücherhütte geklaut wird wie meines. Gerührt füllte ich die Bücherhütte mit einem neuen Exemplar meiner „Sterne“ auf.
Während die Kinder sich mit den Kumpel des Bräutigams anfreundeten und ihnen erzählten, in welchem Auto Trillionen von Omas und in welchem Wohnmobil Trilliarden Lederhosen herumlagen, versuchte ich ein wenig zu netzwerken. Ich versprach allen, die irgendwie ein Startup am Start hatten, ihr Unternehmen zu verlinken. Dieser Elterntagebucheintrag wird folglich proudly presented von Korbi Haiders Dorfbua, von Melanie di Quals Yogastudio und von Yvonne Liebls Esspedition.
Reklame:
So schön eine Hochzeit mit Kindern ist, am schönsten ist es allerdings, wenn plötzlich Oma und Opa auftauchen, um die Kinder mit zu nehmen. Die beiden hatten anschließend noch den totalen Checkpott geknackt und durften nach der Traum-Hochzeit und Limo-Flatrate auch noch zum Sommerfest vom Lokschuppen Freilassing gehen. Also die Kinder, meine ich. Der Loni war trotzdem sauer, weil ihm versprochen worden war, dass er beim Opa noch die Züge der Gartenbahn fahren lassen durfte. Also täuschte er schreckliche Bauchschmerzen vor. Die dauerten übrigens exakt so lange, bis der Strom der Gartenbahn eingeschaltet war.
Auch die Hochzeit schaltete zeitgleich den romantischen Modus an. Die Live-Band spielte Ed-Sheeran und alle tanzten eng umschlungen zu den Klängen von „Dancing in the dark – barfefoot on the grass“ – barfuß im Gras. Nur einer nicht, der hatte sich kurz zuvor abfällig über Ed Sheeran geäußert. Das war ich. Merkt euch das, liebe Papas, solange die Mama in der Nähe ist, ist Ed Sheeran super!
Natürlich ging die Hochzeit noch eine ganze Weile weiter, aber da bald das Ü16 Programm begann und die Kinder längst im Bett waren, sei nur so viel gesagt: Es war eine wundervolle Party, wir haben getanzt und gesungen und ein Gewitter überlebt und die schönsten Hochzeiten sind tatsächlich die Hochzeiten am Güßhübel!
Noch mehr Links:
Knallerhof Güßhübel: https://www.knallerhof.de/
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