Tag 2 des Wahnsinns, dabei hat die offizielle Schulschließung noch gar nicht begonnen. Die Kinder haben schon jetzt Lagerkoller. Oder sind es wir Eltern? Am Morgen ist es gespenstisch still im Viertel. Also nicht in unserem Haus, aber draußen. Beim Netto scherzen die Mitarbeiter, dass ihnen das Klopapier für die Personaltoilette ausgegangen ist. „Mist, wo kriegen wir jetzt nur eines her?“ Beim Schaumaier ist business as usual. Kompost, Schrott und Müllsortieren geht bei den Deutschen halt immer. Auch in Zeiten der Coronakrise. Zwischendurch Telefonate mit den engsten Familienmitgliedern. Alle wohlauf. Alle entspannt.
Wir erklären Oma und Opa, dass wir uns die nächsten Wochen voraussichtlich nur noch telefonisch melden werden. Falls sie etwas brauchen, kommen wir trotzdem sofort. Als Kinderbetreuung werden wir sie unsererseits nicht brauchen. Also brauchen schon. Halt nicht einspannen. Mittags fahren wir in die Stadt. Mal schauen, was dort los ist. Dort ist das blühende Leben. Lasst uns nochmal alle zusammen das schöne Wetter genießen, solange wir noch können, scheint sich die halbe Stadt gedacht zu haben. Während alle großen Parteien ihre Wahlstände wegen Corona abgesagt haben, ist die AfD in voller Mannschaftsstärke präsent. Die haben’s gut, denke ich mir. Haben keinen Klimawandel, keinen Coronavirus – richtig beneidenswert. Wir selber haben erst Pech. Auf der Suche nach Desinfektionsmittel für das Yogastudio der Mama stehen wir vor leeren Regalen. In der Stadt kommen wir mit einem Freund ins Gespräch. Er flüstert hinter vorgehaltener Hand, dass er jemand kenne, der literweise Desinfektionsmittel übrig habe. Er könne uns da einen Kanister besorgen. Der Schwarzmarkthandel blüht. Andere haben weniger Glück. Meine Arbeitskollegin klagt, dass sie extra um Halb Acht schon in den Discountern war, um Klopapier zu kaufen. In keinem einzigen Laden gab es um diese Zeit mehr Klopapier. Freudestrahlend reckt sie schließlich einen Sechserpack mehrlagiges Klopapier mit Kamilleduft in die Luft. Der Edeka am Maxplatz sei halt einfach der Beste! Dort decken wir uns dann mit Ouzou ein. Wenn man schon kein Desinfektionsmittel mehr bekommt, dann wenigstens hochprozentigen Alkohol. Wir beruhigen erst einmal unsere Nerven bei einem ausgiebigen Mittagessen beim Lindl. Dort demonstrieren die Stammgäste demonstrativ mit Handshakes und Umarmungen, dass sie auch in Krisenzeiten die Etikette nicht aufgeben wollen. Unsere Kinder machen es besser. Das Niesen in die Armbeuge gelingt schon jedes dritte Mal ganz gut. Einmal allerdings wendet sich Basti zwar galant vom Essenstisch ab, niest aber mit voller Kraft mir und Loni ins Gesicht. So, spätestens jetzt hat sich die Sache mit dem Anstecken sowieso erledigt. Aber noch schaut es ja gut aus hier im Chiemgau. Wir haben das Coronavirus schon einmal besiegt, wir kriegen das auch diesmal hin.
Passts auf Euch auf und bleibts gesund!
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