Zirkus Corona - Tag 5

Die Lehren aus dem heutigen Corona-Tag? Es gibt wieder Klopapier! Zwar nur in sündteuren Zweierpacks, aber immerhin! Anscheinend sind die Klopapier-Speicher der Deutschen inzwischen voll. Die Stimmung in der Stadt war heute seltsam melancholisch. Und: Online zu arbeiten wird eine Herausforderung für die Internet-Anbieter.

Aber von Anfang an: Die Routine sieht aktuell so aus, dass ich montags und dienstags in Telearbeit beginne. Die Mama startet derweil im Landratsamt. Während mein Arbeitgeber gerade begreift, dass er systemrelevant ist und diesbezüglich die vorhandenen Personalressourcen zu steuern beginnt und auch ich zu ahnen beginne, was meine Rolle in der Krise sein könnte, haben andere große Firmen wie VW inzwischen offiziell die Corona-Ferien ausgerufen. Die Kinder stehen früh auf, fangen aber nur so halb motiviert die geplante Hausaufgabenstunde an. Nach zehn Minuten schreit der Große: „Fertig! Darf ich jetzt Nintendo spielen?“

Er hatte als Tagesaufgabe auf, sich eine Geschichte über Shaun das Schaf auszudenken. Sein Kommentar: „Ich kann das nicht.“ Und sowas schimpft sich Sohn eines Schriftstellers. Ich übertrage die Aufgabe auf den Kleinen: „Loni, erzähl doch Du dem Basti eine Geschichte über Shaun das Schaf!“ Loni grinst und beginnt zu erzählen: „Der Bauer geht zu Shaun das Schaf und sagt: Heute wirst du… geschlachtet!“

Oh mein Gott! Das Kopfkino springt an. Ich weiß jetzt, dass ich mir um mein Kind ernsthafte Sorgen machen muss. Aber ich weiß auch, dass er ein schrecklich guter Geschichtenerzähler wird!

Das hat also nicht geklappt. Also drücke ich ihnen die Tablets in die Hand und lasse sie wieder Anton/Conni/Drache Kokosnuss – Aufgaben lösen. Da ich das Gefühl habe, dass gerade unsere Internet-Kapazitäten gesprengt werden, rufe ich 1und1 an. Ich brauche eine Tarif-Erhöhung. Der Herr im Call-Center macht mir ein sehr gutes Angebot und beginnt auf einmal zu ratschen. Er erwähnt, dass 1und1 ja irgendwie systemrelevant sei (das hatten wir doch heute schon!) und er sich Sorgen mache, weil alle hier dicht an dicht im Call-Center säßen. (Nebenan hustet einer in sein Headphone) Er erzählt, dass man versuche, Home-Office anzubieten, aber der Datenschutz funktioniere diesbezüglich noch nicht. Wenn nicht einmal 1und1 Home-Office hinkriegt, wer dann? Das kurzfristig schnellere Internet scheitert trotzdem. Die Telekom hat vor April keine zusätzlichen DSL-Kapazitäten. Wahrscheinlich hat halb Deutschland gerade dieselbe Idee wie ich. Wie soll das nur funktionieren, wenn Woche für Woche mehr Angestellte ins Home-Office müssen?

Gegen 10 schicke ich die Kinder in die „Schul-Pause“ auf den Pausenhof auf unserer Terrasse und arbeite konzentriert weiter. Als ich gegen Pausenende mal rausschaue, was die Kinder so auf dem Pausenhof treiben, trifft mich fast der Schlag. Sie haben den Kies der Terrasse als Sandkasten missbraucht und mit den Steinen Mamas Buddha eingebuddelt. Es setzt ein erstes Mal die Schimpfe, die ich die nächsten Wochen wohl noch viele, viele Male verwenden werde: „Wenn ihr das nicht sofort aufräumt, kriegt ihr Nintendo-Verbot!“

Am Nachmittag dürfen sie dann doch noch eine halbe Stunde Super-Mario-Kart spielen. Die meiste Zeit fahren sie rückwärts oder knallen lachend gegen eine Wand. Hauptsache, einen bunten Controller in der Hand halten und auf den Bildschirm starren, das macht sie schon glücklich.

 

Am Abend gehe ich einkaufen. Die Stadt ist noch zweigeteilt. Die einen tun so, als wäre nichts. Die anderen simulieren wenigstens schlechtes Gewissen. Einige wässern die Einkaufswagen mit Desinfektionsmittel, fast alle wirken irgendwie melancholisch. Beim Aldi das übliche Bild: Kein Klopapier, keine Nudeln. Als Veganer hat man es während Hamster-Krisen da schon leichter. Vegane Produkte sind noch in rauen Mengen vorhanden. Beim Namberger Toni finde ich dann tatsächlich eine 2er Packung Klopapier. Ich kaufe sie nicht. Jemand anderes soll heute dieses beseelte Glückserlebnis empfinden, beruhigt zu wissen, auch die kommende Woche sorglos aufs Klo gehen zu können!

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