Um die Seele seiner Landsleute so richtig kennenzulernen, muss man ins Ausland reisen. Denn nirgends ist der Deutsche so deutsch wie im Urlaub. Habe ich gehört. Also ist Urlaub das Eldorado eines Kolumnisten. Deshalb, also aus reinen Recherchezwecken, bin ich in Urlaub gefahren. Und zwar so deutsch, wie es irgendwie geht: Mit einem Reisebus voller graumelierter Landsleute und ebenso vielen Nackenhörnchen.
Meine große Hoffnung, dass am Urlaubsort die Deutschen so richtig ihr Deutschsein herauslassen würden, um 6 die Poolliegen reservierten, um 7 das Frühstücksbuffet plünderten und um 8 vollmundige Monologe über Wärmepumpen führten, zerschlugen sich rasch. Denn im Hotel waren überwiegend Österreicher. Verdammt. Für eine Kolumne über deutsche Urlaubspeinlichkeiten eher kontraproduktiv. Denn, wenn wir uns ganz ehrlich sind, blicken wir Bayern ein klein wenig neidisch auf unsere Nachbarn. Weil die selbst im Urlaub so faszinierend selbstbewusst authentisch und dabei nur halb so peinlich sind wie die Deutschen. Wie wir Bayern, die einem alten Witz zufolge das evolutionäre Bindeglied zwischen dem Österreicher und dem Homo Sapiens sind. Sollte es innerhalb dieser anderen Alpennation irgendwelche Rivalitäten zwischen, sagen wir, Tirolern und Salzburgern geben, so eint sie die eine Wagenburg, hinter der sie sich scharen können: Dass sie keine Deutschen sind. Genau das haben sie uns Bayern voraus. Denn, das wurde mir klar, als ich mich zum dritten Mal bei der Rezeption wegen irgendwas beschweren musste: Nichts ist für einen Bayern peinlicher, als im Urlaub für einen Deutschen gehalten zu werden. Einen urlaubenden Deutschen in Sandalen und weißen Socken, der sich weit über die an einer Schnur befestigen Augengläser beugt, um die Klischees besser sehen zu können. Ganz zu schweigen von einem, der seine Kulis fein säuberlich in einer der tausend Taschen seiner beigen Anglerjacke nach Farben sortiert hat. Der sich nach dem Frühstück, bevor er sich zum Pool begibt, feierlich zippend den unteren Teil seiner nun kurzen Hose abtrennt. Und der auch Eisschleckend niemals seinen Fahrradhelm abnimmt, es könnte ja, weiß Gott was passieren. Mit all dem kann der Österreicher nicht assoziiert werden, das habe ich im Urlaub bedauernd gelernt. Denn, so ungern wir es auch hören, selbst die urigsten Oberbayern sind im Urlaub nichts weiter als …Piefkes.
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