Ode an Europa

In meiner neuesten Kolumne reflektiere ich über die Bedeutung von offenen Grenzen, einheitlicher Währung und die faszinierende Wiedervereinigung von Orten und Menschen. Trotz mancher Kritik an der EU, sehe ich in der europäischen Einheit einen großen Gewinn. Erlebe, wie Europa uns verändert hat und warum wir die Freude an diesem gemeinsamen Projekt wiederfinden sollten.

An der Laufener Salzachbrücke war früher die Grenzpolizei beheimatet. Auch wenn man es heute nicht mehr merkt, verläuft zwischen Deutschland und Österreich eine Grenze. Mein Papa hatte dort als Grenzer gearbeitet. Oder anders gesagt, er kontrollierte Pässe und ratschte mit den Passanten. Und verursachte lange Staus stadtauswärts, wenn er beispielsweise den Ausweis von Franz Beckenbauer besonders ausführlich kontrollierte. Als die Grenze, besser gesagt, die Grenzkontrollen aufgelöst wurden, bekam ich ein erstes Mal einen Eindruck, was “Europa” wirklich bedeutet. Wäre ich ein negativ eingestellter Mensch, würde ich schimpfen, dass die EU buchstäblich den Arbeitsplatz meines Vaters abgebaut hatte. Aber ich fand es fantastisch, dass Laufen und Oberndorf ein wenig wiedervereinigt wurden. Ich war begeistert, dass ich nichts mehr in Lire oder Schilling umrechnen musste. Und es war kein Problem mehr, wenn ich auf dem Weg in den Urlaub mal wieder meinen Ausweis vergessen hatte. Selbst die vielzitierte EU- Verordnung Nr. 1677/88, besser bekannt als Gurkennorm, fand ich super, weil unterm Strich Gurken dadurch europaweit günstiger wurden. Die Idee, dass sich Länder, die sich vorher jahrhundertelang bekriegten und sich als Erbfeinde bezeichneten, auf einmal eine eigene Gemeinschaft bildeten, hat mich seit jeher fasziniert. Gleichzeitig erwarte ich nicht, dass sich während der Europameisterschaft Leute EU- Fähnchen ans Auto stecken, die Häuser mit riesigen blauen EU-Flaggen schmücken und eng umschlungen wie Brüder mit Bier in der Hand feuertrunken Beethovens 9. Symphonie grölen. Eine kleine Prise Patriotismus für sein Land finde ich persönlich auch außerhalb der Europameisterschaft gar nicht so verkehrt. In eher extrem vaterlandsliebenden Kreisen ist es bekanntlich Mode, die EU zu verteufeln. Sie wollen aus eher niederen denn höheren Gründen wieder teilen, was so zauberhaft vereinigt wurde. Wollen sich aus diesem Bund davonstehlen, der unterm Strich doch so ein großer Wurf ist! Deshalb möchte ich eine Ode an die EU schreiben! Möchte euch allen zurufen, wieder mehr Freude für Europa zu empfinden! Denn es hat Freude gemacht, ein erstes Mal ohne Kontrolle die Grenze zu passieren. Und fast keine Fremdwährungen mehr zu brauchen. Und noch eine Freude hat uns die Schließung der Grenzpolizei Laufen beschert: Dort ist jetzt eine der besten Eisdielen der Gegend! Als ich letztens dort war, um meinen Jungs ein Eis zu spendieren, erzählte ich ihnen, dass hier früher ihr Opa gearbeitet hatte. Und mit leuchtenden Augen sagten sie: “Unser Opa war also ein Eisverkäufer!”

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Kommentare: 1
  • #1

    Ben (Donnerstag, 04 Juli 2024 10:13)

    Es ist sehr geil und orgassmuss