Letzte Nacht hatte ich einen schrecklichen Alptraum: In vielen der wichtigsten und größten Ländern der Welt waren Autokraten oder faschistische bis extrem rechte Präsidenten an die Macht gekommen. In Amerika wurde Trump in einem Erdrutschsieg wiedergewählt und die deutsche Regierung zerhäckselte sich zeitgleich spektakulär.
Leider blieb diesmal die Erleichterung nach dem schweißgebadeten Aufwachen aus. Mein Unterbewusstsein hatte im Traum nur fortgesponnen, was im Alltag längst Realität ist. Was bleibt einem in einer Welt, in der sich Wirklichkeit und Alptraum so sehr angleichen noch übrig? Einfach die Decke über den Kopf ziehen, umdrehen, weiterschlafen und hoffen, dass man vielleicht diesmal etwas Angenehmeres träumt? Hilft nichts, früher oder später kommt selbst nach dem schönsten Traum das böse Erwachen. Aber warum nicht. Man wird doch wohl noch träumen dürfen, das hat bisher noch keiner verboten. Also träumen wir mal los: Träumen wir, dass der inzwischen historische 6. Februar 24 kein Abgesang, sondern ein Fest der Demokratie war. Immerhin verlief die Wahl in den USA so reibungslos, dass selbst der Wahlleugner Trump am Ergebnis nichts zu mäkeln hatte. Auch der Tag als die Ampel implodierte, der Kanzler rot sah, das gelbe Licht ausschalte und grünes Licht für Neuwahlen gab - könnte er nicht ein Zeichen für funktionierende demokratische Institutionen sein? Vielleicht wird das “Project 2025”, der Umsturzplan der Trump-Bewegung, im Januar zu einem positiven Stresstest der amerikanischen Demokratie. Den sie mit Bravour besteht! Vielleicht ist Europa nun endgültig aufgewacht und emanzipiert sich vom großen Bruder USA. Vielleicht geht durch das Biedermeier-Deutschland nach einer unruhigen “Vormerz”-Zeit ein Ruck und die seit Jahren angestaute Reformen werden mit gemeinsam vereinten Kräften angepackt. Vielleicht rücken wir im Wissen, was in den USA gerade passiert, unsererseits wieder enger zusammen und suchen nach Gemeinsamkeiten statt Trennendem. Und ist nicht genau das, was Demokratie ausmacht? Während ich mir meinen Alltag mit vielen “vielleichts” schönrede, bleibe ich dabei, dass es vielleicht alles gar nicht so schlimm kommen muss. Demokratie ist wie ein hin und her schwingendes Pendel, bei dem auch immer wieder der politische Gegner gewinnt. Solange der Alptraum nicht wahr wird und sich der politische Gegner als Feind der Demokratie erweist, werde ich weiter davon träumen, dass nun nicht alles schlecht werden muss. Denn wie gut oder schlecht es wird, das liegt auch an jedem einzelnen von uns. Ich träume weiter.
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