Auf der Waldweihnacht Halsbach - Im Woid is so stad

Auf der Suche nach dem wahren Geist der Weihnacht sind wir am Wochenende nach Halsbach gefahren. Dort findet Jahr für Jahr in einem Wald die Halsbacher Waldweihnacht statt. Ein bayerischer Christkindlmarkt mitten im Wald. Kerzen, Lichter, der Duft von Glühwein, Adventslieder, die durch den Wald wabern. Kein Advent kann weihnachtlicher sein als der in der Tiefe eines Waldes. Denn im Wald – das wissen wir seit Ludwig Thoma – im Wald is’ so stad. Alle Weg’ san verwaht. Wer also auf der Suche nach dem wahren Geist der Weihnacht ist, der muss selbstverständlich zur Waldweihnacht nach Halsbach fahren. Aber, ich sag es gleich, wie es ist: Ich war an diesem Samstag anscheinend nicht der Einzige, der in diesem Wald nach dem wahren Geist der Weihnacht gesucht hat.

Besinnlicher Advent in der Waldweihnacht Halsbach

Halsbach liegt ja nicht nur sprichwörtlich am Arsch der Welt. Meine Frage, wie ich die Waldweihnacht finden würde, wurde aber ganz simpel beantwortet: Einfach den Bussen hinterherfahren. Bereits am Nachmittag stauten sich in der Halsbacher Peripherie die Busse mit Erdinger, Wiener oder Braunauer Kennzeichen. Und spätestens, als mir diese entgegenkamen, ahnte ich, dass ich wenden und umdrehen musste. Ich fuhr der Kolonne hinterher. Wir hatten offensichtlich alle gemeinsam die Idee, zu Bayerns schönstem Christkindlmarkt kurz vor Einbruch der Dunkelheit  zu fahren. Als die ersten Parkplatzeinweiser auftauchten und bereits ein riesiges Feld vollgeparkt war, begann ich zu ahnen, dass die Halsbacher Waldweihnacht vielleicht gar kein Geheimtipp mehr ist.

Begeisterung pur - größere Kinder lieben die Waldweihnacht!
Begeisterung pur - größere Kinder lieben die Waldweihnacht!

Unsere kleine Reisetruppe mit dem Ziel, den wahren Geist der Weihnacht zu entdecken, bestand übrigens aus meinen Jungs und meinem Schwager Jürgen aus der Schweiz, weswegen wir mit einem Auto mit Schweizer Kennzeichen unterwegs waren. Und während wir über die vielen „Preußen“ und Österreicher den Kopf schüttelten, schüttelten die Einheimischen wohl über uns den Kopf, dass jetzt die Leute schon aus der Schweiz angereist kamen.

 

Die Kinder verweigerten beim Anblick der Menschenmassen sofort die Kooperation und fragten, ob sie im warmen Auto sitzen bleiben und Podcasts anhören dürften. Durften sie nicht. In scharfem Ton forderte ich eine harmonische, besinnliche Waldweihnacht ein. Und die Jungs gehorchten. Natürlich nicht.

Um die Stille des Waldes und die stade Zeit auf der Waldweihnacht genießen zu dürfen, musste man sich übrigens erst in eine lange Schlange anstellen und Eintritt bezahlen. Immerhin konnte ich mit Karte bezahlen, da der Wald anscheinend WLAN hatte. So wälzten wir uns mit ungefähr fünfzigtausend Menschen aus der gesamten alpenländischen Region von Glühweinstand zu Glühweinstand tiefer in den Wald hinein. Ich versprach den Kindern, dass sie sich etwas kaufen dürften, sobald einer von ihnen den wahren Geist der Weihnacht gefunden hätte. Der Kleine deutete auf die weihnachtlich geschmückten Dixi-Klos. „Vielleicht sitzt er ja da drin!“ Ich schüttelte den Kopf.

Den wahren Geist der Weihnacht suchten die meisten der Besucher übrigens am Glühweinstand. Zum Glück war der halbe Wald mit Glühweinständen zugepflastert und so konzentrierte sich das Gros der Menschen, die an diesem Tag irdisch und himmlisch enger zusammenrückten, auf die Themenkomplexe „Essen und Trinken“. Wir gaben unsere Suche aber nicht auf und spazierten antizyklisch tiefer in den Wald hinein. Denn je weniger Glühwein- und Kunsthandwerkstände es gab, desto weniger Menschen waren auf den ausgetretenen Waldpfaden. Was jetzt nicht heißt, dass es ruhiger geworden wäre, sondern dass man sich nicht mehr ganz so oft an den Menschen vor und hinter einem anstieß.

Wir hatten uns schon über eine Stunde immer desillusionierter zwischen den hundertneunzigtausend anderen Menschen durch den Waldchristkindlmarkt gewälzt, als endlich ein Weihnachtswunder passierte. Und das ist vielleicht eine der Adventserkenntnisse, die man selbst in Bayerns Epizentrum der Christkindlmärkte, in dem es mehr zugeht als auf dem Stachus oder sogar dem Times Square, machen kann: In dem Moment, in dem es tatsächlich finster wird, verwandelt sich der tristeste Christkindlmarkt in einen magischen Weihnachtsort. Und so war es in Halsbach auch. Ich glaube, dass die Menschen auf einmal langsamer durch die Waldwege drückten. Und alle ein bisschen öfter nach oben auf die Lichter zwischen den Fichten geschaut haben und ein wenig mehr „Ah“ und „Oh!“ gesagt haben. Jedenfalls war es auf einmal magisch schön.

Wir fanden – ganz am Ende des Christkindlmarktes – einen kleinen, kurzen Pfad. Dort waren (fast) keine Menschen mehr. Und der kleine Pfad war nur von Kerzenlicht erleuchtet. Und auf einmal fiel mir ein, dass ich vor 11 Jahren schon einmal hier war. Mit meinem Kind, der damals kaum laufen konnte. Und dieser angehende Teenager, der jetzt den gesamten Christkindlmarkt ziemlich scheiße fand, war damals begeistert von Kerze zu Kerze gelaufen und hatte bei jeder einzelnen gerufen: „Käzä! Käzä!“ Und diese eine Erinnerung an eine längst vergangene Waldweihnacht rührte etwas in mir. Ich schaute mir meine zwei so groß gewordenen Jungs an, dachte an früher und kurz, ganz kurz, hatte ich das Gefühl, den wahren Geist der Weihnacht gefunden zu haben.

Dann drückten mich die folgenden Leute, die sich etwas angestaut hatten, weiter und ich kehrte in den Trubel des Christkindlmarktes zurück. Wie versprochen, holten wir uns noch eine Portion der leckeren Schupfnudeln vom Matthias und danach versprach ich meiner kleinen, so ganz unweihnachtlich maulenden Reisegruppe, dass wir endlich nach Hause fahren könnten. Aber das Problem war nun: Wir waren mitten im Wald. Und wussten nicht, wo der Ausgang war. Wir wälzten uns noch minutenlang mit den 1,9 Millionen anderen Menschen im Kreis, bis wir endlich den Ausgang fanden.

Auch die Schafe waren froh, als sie nach einem langen Arbeitstag wieder ihre Ruhe hatten.
Auch die Schafe waren froh, als sie nach einem langen Arbeitstag wieder ihre Ruhe hatten.

Als ich das streng kontrollierte Portal aus der Waldweihnacht durchquerte, wäre ich den Ordnerinnen fast vor Glück um den Hals gefallen: „Wir haben es geschafft! Wir sind endlich draußen!“ Und so war das schönste Weihnachtserlebnis auf der Halsbacher Waldweihnacht, dass wir schon nach 10 Minuten Suche unser Auto wiederfanden und den Ort für mindestens weitere 11 Jahre wieder hinter uns ließen.

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