Was haben Luise Rinser, Bernhard Dürnberger und Papst Benedikt XVI gemeinsam? Sie haben alle drei dafür gesorgt, dass Kirchanschöring in unzähligen Büchern genannt wird. Am vergangenen Donnerstag machte die vom Kultusministerium geförderte Reihe “Literaturland Bayern” auch in Kirchanschöring Halt.
Der Bericht über die Veranstaltung hier mit den vielen tollen Fotos von Dominik Riedel (https://www.dominikriedel.de/)
Die Veranstalter versprachen ein buntes Programm aus Literaturquiz, Erzählabend und einer kurzen Lesung. Mehr als 20 Teilnehmer zwischen 15 und 85 Jahren starteten den etwas anderen Literaturabend mit einem Quiz. Dabei wurde schnell klar, dass der eigentliche Hauptakteur des Abends weder der Organisator Bernhard Straßer, noch Moderator Ralf Enzensberger waren, sondern das Dorf Kirchanschöring.
Und natürlich die illustren “KuBa”-Besucher selbst. Unter Ihnen geschichtsinteressierte Mitglieder des Heimatvereins oder auch literaturinteressierte Gäste aus Berlin und sogar ein Spiegel Bestseller-Autor. Sie lauschtenden teils unglaublichen Antworten des Literaturquiz und staunten über die vielen “Anschöringer Geschichten”. Moderator Ralf Enzensberger leitete den regionalen Geschichts- und Literatur-Enthusiasten Bernhard Straßer unterhaltsam durch die vielen Momente in denen Kirchanschöring mal mehr, mal weniger Geschichte schrieb.
So hatte selbst der Bayerische Papst Benedikt XVI enge Verbindungen nach Kirchanschöring. Ihn verband eine jahrzehnte währende Freundschaft mit Pfarrer Franz Niedermayer. Die Predigt, die er auf dessen Primiz in Kirchanschöring hielt, hat noch heute in Theologenkreisen Bedeutung. Der bekannteste Kirchanschöringer, das beantwortete das Quiz, ist bis heute kein Literat, sondern ein Fußballer: Bernhard Dürnberger sorgte nicht nur dafür, dass Kirchanschöring fester Bestandteil der wichtigsten Fußball-Fachbücher wurde, sondern auch viele Fußballegenden wie Sepp Maier erfuhren, wo Kirchanschöring liegt.
Im Mittelpunkt des Erzählabends standen allerdings die Jahre während und nach des zweiten Weltkriegs, in denen die Schriftstellerin Luise Rinser in Kirchanschöring lebte. Briefe von Ernst Jünger und Hermann Hesse, darunter auch der bedeutende “Brief an eine junge Deutsche” des späteren Nobelpreisträgers, waren an die Adresse “Kirchanschöring bei Laufen” adressiert. Luise Rinser, die später mit Carl Orff, Ernst Rahner und selbst den Nordkoreanischen Diktator Kim Il Sung eng befreundet und sogar Bundespräsidenten-Kandidatin war, erlebte ihre vielleicht prägendste Zeit in Kirchanschöring. In mehreren Büchern und Kurzgeschichten arbeitete sie ihre Erlebnisse im Dorf auf. Denn sie wurde 1944 in Kirchanschöring denunziert und verhaftet und saß mehrere Wochen wegen Wehrkraftzersetzung im Gefängnis in Traunstein. Ihr 1946 erschienenes “Gefängnistagebuch” war eines der allerersten Bücher, das nach Kriegsende in Deutschland gedruckt wurde.
Die Kirchanschöringer selbst waren nicht gut auf sie zu sprechen. Spätestens seit den 80er Jahren, als sie ihre Autobiographie “Den Wolf umarmen” veröffentlichte. Im Dorf empörte man sich, dass vieles im Buch gar nicht stimmte. Heute weiß man, so erklärte auch Bernhard Straßer im KuBa, dass das Buch nicht autobiographisch, sondern literarisch zu lesen sei. Luise Rinsers Neuerfindung von einer ehemaligen Hitler-Verehrerin zur glühenden Nazi-Gegnerin sorgt bis heute für Diskussionsstoff und hat zum großen Teil in Kirchanschöring stattgefunden. Über eine Begegnung der Schriftstellerin mit Bernhard Straßers Großvater Hans Straßer, der ebenfalls wegen Wehrkraftzersetzung in Haft gewesen war, fand zum Ende der Veranstaltung noch eine kurze Lesung statt. Das Literaturquiz wurde trotz schwieriger Fragen gleich von 3 Zweier-Teams gewonnen, die alle Fragen beantworten konnten. Die Gewinner durften sich aus dem Fundus der Bücher von Bernhard Straßer und dem Lichtung-Verlag jeweils ein Exemplar aussuchen.
Alle Fotos von Dominik Riedel: https://galerie.dominikriedel.de/picture.php?/14842/category/16_01_2025_Anschoering_und_Literatur_mit_Bernhard_Strasser
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