Sommerempfang der Wirtschaftsförderung Chiemgau 2019

Oder: Die nächtliche Suche nach dem Pferd von Ising

Das Team der Wirtschaftsförderung Traunstein
Das Team der Wirtschaftsförderung Traunstein

Die WiFö Traunstein lädt zum Sommerempfang. Klar, da trifft sich das "Who is Who" aus Mittelstand, Industrie, Berufsschulen und Behörden. Wie ich als Selbständiger eines Unternehmens mit einem Jahresumsatz im unteren vierstelligen Bereich auf diese Feier geraten war, fragte ich mich selbst. Vor allem, als meine Chefin, die Behördenleiterin des größten Arbeitsmarktdienstleisters, plötzlich vor mir stand. Und sie fragte es sich womöglich auch. Was macht denn der Straßer hier? Das hab ich ja gar nicht genehmigt. Aber tatsächlich stellte sich heraus, dass auch ein Texter/Blogger/Autor so falsch hier gar nicht war. Denn groß war das Hallo, als ich unter den vielen Damen und Herren des heimatlichen Wirtschafts-Adels auch meine Güßhübel-Partner entdeckte: Yvonne Liebl von der Esspedition Waging (letztes Jahr immerhin für den Chiemgau-Panther der WiFö nominiert) und Franz Aicher vom Knallerhof, der schönsten Feier-Location (neben Ising). 

Meine Crew - Das Team von "Gutes zur Kaffeezeit"
Meine Crew - Das Team von "Gutes zur Kaffeezeit"

Ein Zufall war es allerdings nicht. Immerhin hatte uns die WiFö damals zusammengebracht. Das Prinzip Netzwerken zwischen Künstlern und Unternehmern wird in der Traunsteiner Wirtschaftsförderung gelebt und ich kann sagen, dass ich sehr dankbar dafür bin. So machte mich Birgit Seeholzer mit Peter Rödel bekannt, einem jungen Modedesigner aus Trostberg der mit seinem Label Burcleon die Kleinstadtszene derzeit aufmischt. Weitere Künstler waren die Musiker der Band Augustin rund um Michi Regner, die für die musikalische Untermalung der Veranstaltung sorgten. Ich habe mir allerdings den Mund fusslig geredet, um die Gäste darauf aufmerksam zu machen, was für eine wundervolle Band da am Werk ist. Aber der Chiemgauer Mittelstand ist ja nicht unbedingt wegen seines Musikgeschmacks so stark geworden. Stark war zugegeben die Rede von Landrat Sigi Walch, der mit Verve für das Jahrhundertprojekt "Bildungscampus Chiemgau" warb. Dass er nach Verlassen der Bühne schnurstracks auf mich zuging und mir die Hand schüttelte, war konsequent. Konnte aber auch daran liegen, dass ich von den Rektoren der Berufsschulen umringt war. Einen davon, Herrn Gembala, hatte ich bereits vor exakt zwanzig Jahren in seinem ersten Jahr als FOS-Lehrer im Fach Wirtschaft. Ich musste am Jahresende eine Extemporale nachschreiben. Eine vier genügte mir, dass ich meine sichere Drei für das Abschlusszeugnis hielt. Es war Sommer und ich war verknallt. Ich schrieb eine Fünf. Seit damals fragte ich mich, woher die Gembalas eigentlich kamen. "Aus Ostafrika?", fragte ich ihn. Herr Gembala lachte. "Aus Thundorf", sagte er. Gab aber zu: "Und aus Tschechien."

Beim Vortrag von Dr. Sebastian Spörer lernten wir, dass die körpereigenen Hormone sehr gerne zwischen dem Alarmsystem (Vermeiden!) und dem Belohnungssystem (Geil!) hin und her schwenken. Natürlich wollen wir ein schönes Erlebnis möglichst oft reproduzieren. Ich schwenkte nachdenklich mein gut eingeschenktes Glas Primitivo und sinnierte, wie ich meinen Dopamin-Ausschuss anregen konnte. Ich war umringt von alten weißen Männern der Chiemgauer Wirtschaft und versuchte den natürlichen Flucht-Reflex eines kleinen, erfolglosen Schriftstellers zu unterdrücken. Also überredete ich Franz Aicher kurzerhand auf ein kleines Abenteuer:

Das Pferd von Ising

Vor Jahren war Ising einmal in den Schlagzeilen, weil eines der wenigen erhaltenen Pferd-Skulpturen des Nazi-Künstlers Josef Thorak in Ising herumstand. Es wurde damals viel diskutiert, ob die Kunst böse ist, ob der Künstler böse war und ob das Pferd vielleicht böse ist. Mir war es egal, ich wollte das Pferd unbedingt sehen. Aber ich fand es nicht.

"Franz, hast du Bock, das Pferd von Ising zu suchen?" Es ist herrlich, dass es immer begeisterungsfähige Menschen gibt, die auch nach Einbruch der Dunkelheit bereit sind, sich auf die Suche nach Merkwürdigkeiten zu machen. 

So schlichen wir uns von der Festtagsgesellschaft weg und um das Schullandheim herum. Es war finster und wir kämpften uns durch Gebüsch und unebenes Gelände immer in Angst, dass jeden Moment die Alarmanlage losgehen würde. Aber nirgends war ein Pferd zu entdecken. Außer dem einen oder anderen echten. Wo war das verdammte Pferd von Ising? Hatten sie es inzwischen aus politischer Korrektheit vielleicht abgebaut?

Mit Handy-Taschenlampe beleuchteten wir das Areal, landeten irgendwann am Sportplatz. Aber von einer lebensgroßen Pferdeskulptur war nichts zu sehen. 

Irgendwann gaben wir auf. Auf dem Rückweg entdeckten wir den Haupteingang des Schullandheims. Und beide mussten wir lachen: Da stand prominent mitten auf dem Vorplatz die große Pferdeskulptur. Den ganzen Weg um das Haus herum hätten wir uns sparen können. 

Wir machten das obligatorische Selfie für unsere Insta-Story und kehrten breit grinsend zum Sommerempfang zurück. Dort wurde gerade ganz eifrig genetzwerkt aber ich hatte bereits alles erreicht, was ich mir für diesen Tag vorgenommen hatte: Ein Händedruck vom Landrat und ein Selfie mit dem Pferd von Ising...

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