Leseprobe Falko

Der Sommer war groß, die Nächte warm, und Falko und ich waren unzertrennlich. Jeden Abend radelten wir zum Fluss, um Fußball zu spielen, bis das Flutlicht erlosch. Falko, früher Hansi genannt, war nicht mehr derselbe. Er hatte sich in eine Teenie-Version von Falco verwandelt – Sonnenbrille, Wiener Akzent, und eine Ausstrahlung, die die Mädchen begeisterte. Doch hinter dieser Fassade steckte mehr, als wir alle ahnten. Der Sommer hätte ewig dauern können, doch etwas Dunkles zog über uns auf...

Leseprobe zum Coming-Of-Age Roman "Falko" von Bernhard Straßer

Die Protagonisten von "Falko":

"Servus, ich bin der Hans, aber nennts mich einfach Falko. Mit Wolfgang bin ich seit der Kindheit befreundet – er ist der Denker, ich der Draufgänger. Der Sommer, in dem wir uns wiederfanden, war magisch. Ich  genoss das Leben in vollen Zügen, bis das Schicksal plötzlich die Spielregeln änderte."

„Hey, ich bin Wolfgang. Falko und ich – wir sind beste Freunde, auch wenn wir total unterschiedlich sind. Er ist der Draufgänger, ich eher der Nachdenkliche. Vielleicht habe ich nicht immer das Glück auf meiner Seite, aber für Falko bin ich immer da, egal wie schwer es wird.“

„Hallo, ich bin Ines. Ich arbeite als Krankenschwester in Heidelberg, und ich liebe meinen Job, weil ich gern Menschen helfe. Aber manchmal kommt da jemand, der einem mehr bedeutet, als man es zulassen sollte... Falko ist so jemand. Er ist etwas Besonderes, und ich will ihn auf seiner Reise begleiten, wohin sie auch führt.“


Zu viel Hitze - 1. Kapitel Falko

Der Sommer war noch einmal richtig groß. Jeden Abend holte ich Falko ab und wir radelten gemeinsam über die Weinleite hinunter zum Fluss, um beim Sportplatz am Viadukt Fußball zu spielen. Falko sprintete steil, langer Pass von mir – so hatten wir es über die Jahre perfektioniert –, zwei, drei Haken, dann war die Kugel drin. Bei jedem Tor feierte er ab, als wäre er Mario Götze in Rio. Tag für Tag wurde es früher dunkel, aber die Nächte waren warm und wir kickten im Flutlicht weiter, bis der Platzwart das Licht ausschaltete. Auf der Rückfahrt hatte Hansi, so hieß er eigentlich, oft eines der Mädchen von der Zuschauertribüne auf dem Gepäckträger. Dann fuhren wir am Fluss entlang bis zur Sandbank und machten dort Lagerfeuer. Es war August und wenn es nach mir gegangen wäre, hätten die Ferien ewig dauern können. Ich dachte nicht darüber nach, dass ich die Schule wechseln musste. Und gleichzeitig dachte ich an nichts anderes. Nur Falko freute sich wie wahnsinnig. In letzter Zeit konnte er sehr begeisterungsfähig sein, besonders was unseren gemein-samen Herbst anging. Und – klar, ein wenig freute ich mich auch darauf, weil wir zum ersten Mal seit der Grundschule nicht nur auf dieselbe Schule, sondern sogar in dieselbe Klas-se gehen würden.

Ansonsten ist in diesem Sommer nichts Außergewöhnliches passiert. Außer, dass Hansi auf einmal Falko hieß und sich noch schräger benahm als sowieso schon.

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Er kannte keine Grenzen mehr, traute sich alles zu und konnte sich selbst für die kleinsten Belanglosigkeiten begeistern. Gleichzeitig hatte er extreme Stimmungsschwankungen und seine göttlich gute Laune konnte innerhalb von Sekunden in zynische Bosheit kippen. Und Fußball schien er auch verlernt zu haben. Falko vor dem Tor war zwar immer noch wie Lewandowski, aber Kondition hatte er keine mehr. Schon nach wenigen Minuten wurden seine Sprints weniger. Er trabte immer schlapper über das Feld. Wenn ich ihn fragte, was los sei, sagte er, dass ihm schon wieder schwindelig sei und er eine „Halbzeit“ brauche. Ob ich mir wegen seiner krassen Veränderung Sorgen machte? Vielleicht. Aber ich war achtzehn und alles andere als ein Mediziner. Meiner Meinung nach trank er entweder zu wenig oder zu viel. Wasser beziehungsweise Alkohol. Logisch. 

 

So oder so, Falko genoss seine Auszeiten, saß auf der Tribüne bei den Mädchen und flirtete. Danach spielte er wieder, als wolle er sich für die Bayern empfehlen, bis es ihn wie aus dem Nichts umhaute. Er lag auf dem Boden und die Ersten dachten schon, er sei tot, da hob er grinsend den Daumen. Typisch Falko. Der würde uns selbst im Wachkoma noch verarschen, dachte ich damals. Das war die große Falko-Show in diesem Sommer. Kein einziger von uns wäre auch nur im Traum auf die Idee gekommen, dass etwas anderes dahinterstecken könnte. 

 

Falko hieß eigentlich Hansi. Das war an sich schon ein Spitzname. Also statt Johann, wie seine Eltern ihn hatten taufen lassen. Aber irgendwann zwischen Pfingst- und Sommerferien wurde er auf einmal Falko. Falko mit „k“. 

 

Kurz bevor das mit dem Falko-Irrsinn losging, hatte er sich mindestens drei Mal die Woche diesen Film über Falcos Leben reingezogen. Danach fand er es nicht mehr angemessen, Hansi zu heißen. Genau wie im Film verkündete er uns eines Abends mit einem gefaketen Wiener Akzent: „Bitte seids so lieb und nennts mich ab jetzt nicht mehr Hans, sondern Falco.“

 

„Hansi, jetzt spinnst endgültig!“, war die erste Reaktion.

 

Aber er zog es durch. Kaufte sich beim Haider eine Kollektion schicker Hemden und einen Anzug. Seine Augen versteckte er hinter einer schwarzen Ray-Ban-Sonnenbrille, egal ob die Sonne schien oder es aus Kübeln regnete. Die einen fanden den neuen Hansi mit seinen affektierten Gesten und dem Wiener Akzent megapeinlich. Die anderen supercool. Die anderen waren komischerweise alles Mädchen. Und ich kapier bis heute nicht, warum sie das so toll fanden. 

 

Aber auf jeden Fall verwandelte sich Hansi im Sommer in eine Teenie-Version des Wiener Popstars. Tagaus, tagein dröhnten die uralten Falco-Platten, die er auf dem Dachboden gefunden hatte, so laut aus dem antiken Schallplattenspieler, dass man es noch in unserem Garten hören konnte. Und weil er sich so benahm, als wäre er wirklich Falco, taten ihm die Ersten den Gefallen und nannten ihn auch so, und innerhalb weniger Wochen hatte er seinen gewünschten Spitznamen. Aber nicht ganz. Weil es ein ungeschriebenes Gesetz gibt, dass man sich seinen Spitznamen nicht aussuchen kann, nannten ihn zwar alle „Falco“, aber im Handy hatte ihn jeder, wirklich jeder, mit „Falko“ eingespeichert. Was so ziemlich alle superlustig fanden. Nur Falko nicht. 

 

Jetzt habe ich zwar erklärt, warum Falko „Falko“ hieß, aber noch nicht, woher diese Besessenheit kam. Schließlich war Falco schon so lange tot, dass ihn höchstens unsere Omas noch live erlebt hatten. 

 

Natürlich kannte jeder den „Kommissar“ und „Amadeus“ von den Schlagerpartys. Aber über Falco selbst wussten wir nichts. Außer, dass er tot war. Auf Netflix gab es allerdings diesen Film über sein Leben. Da gerade keine neuen Folgen von Game of Thrones mehr in Aussicht waren und Falko sich ganz gerne Retro-Filme reinzog, war er zufällig darüber gestolpert. Ich habe mir den Film auf seine Empfehlung hin angeschaut. Gut, er war schon ganz okay, aber Hansi zog er buchstäblich den Stecker. Also so richtig. Er grübelte tagelang, ob es Zufall war, dass sie fast gleich hießen. Dabei hatte der andere ja Johann Hölzel geheißen, und in Falkos Pass stand der Name Johann Holzner. Aber bitte, er war überzeugt, dass es Schicksal war, und ich dachte mir, solange es ihn glücklich macht... 

Als Nächstes hörte er auf Spotify die „Falco Essentials“ rauf und runter, wochenlang lief nichts anderes mehr als dieses 80er-Jahre-Gedudel. Obwohl man schon sagen muss, dass da auch ein paar geile Songs dabei waren, zwischen dem ganzen Schrott. Das war ungefähr die Zeit, als der Rest von uns Wanda und Bilderbuch abfeierte. Von daher passte das alles schon irgendwie zusammen. Auf jeden Fall ging es weiter mit den Klamotten und dem schrecklichen Wiener Akzent, und innerhalb kurzer Zeit hatte Hans Holzner sich in Falko verwandelt. 

Das Allerkomischste aber war, dass sich niemand wirklich über diese Verwandlung wunderte. Schon als Hansi war er alles andere als ein Mauerblümchen. Aber seine Verwandlung in Falko war so krass, dass jeder von uns hätte checken müssen, dass da irgendwas in seinem Kopf nicht ganz rund lief.

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