Wer im Chiemgau lebt, der weiß natürlich, dass die Fraueninsel einer der schönsten Flecken Erde weit und breit ist. Und dennoch ist es nicht so, dass wir jeden Nachmittag mit dem Schiff zur Fraueninsel fahren. Diesen wunderschönen Ausflug machen wir meist dann, wenn Besuch von auswärts kommt. So auch diesmal. Und auch für uns Einheimische ist es jedes Mal wieder ein faszinierender Ausflug, die magische Fraueninsel am Chiemsee zu besuchen.
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Mit dem Schiff von Gstadt zur Fraueninsel
Im August ist am Chiemsee zwar Hochsaison, wir hatten aber Glück und erwischten einen Tag, an dem das Wetter eher durchwachsen war. Die Fraueninsel bei schönem Wetter kann ja jeder. Bei uns hat es am Chiemsee immer wieder kurz geregnet, was die Stimmung auf der Fraueninsel aber umso magischer machte.
Unser Startpunkt war der Parkplatz in Gstadt. Gstadt an sich ist ja schon eine Reise wert. Die Uferpromenade ist eine liebevoll gestaltete Parkanlage mit Blick auf die Fraueninsel, Kinderspielplatz und Bademöglichkeit. Wir aber wollten ja unserem Besuch die Fraueninsel zeigen und haben uns deshalb Tickets für das Schiff gekauft.
Ab Gstadt dauert die Schifffahrt nur 10 Minuten, da das Boot eine kleine Schleife um die Fraueninsel dreht, lohnt sich die Fahrt aber allemal, da man die ersten tollen Fotos vom Schiff aus schießen kann. Und wenn man Kinder dabei hat, ist eine Schifffahrt sowieso immer ein Highlight.
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Ein Nachmittag auf der Fraueninsel
Auf der Fraueninsel angekommen bieten sich unterschiedliche Sehenswürdigkeiten an. Grob gesagt ist die Insel in drei Bereiche geteilt: Die Klosteranlagen, die Fischer- und Künstlerhäuser rund um die Nordhälfte der Insel. Und – ein Geheimtipp, den die Tagestouristen gerne übersehen – die uralten Linden in der Mitte der Insel. Dort ist übrigens auch ein Bolzplatz und ein Spielplatz. Und das neueste archäologische Highlight: Die im Erdboden schlummernden Überreste einer 1000 Jahre alten Kultstätte.
Wir haben uns für unseren heutigen Tagesausflug auf die Fraueninsel für folgende Reihenfolge entschieden: 1. Kloster Frauenwörth, 2. Linde, 3. Uferrundweg die Fischerhäuser entlang.
Kloster Frauenwörth
Unser erster Stopp war das Kloster Frauenwörth, das bereits im Jahr 782 von Herzog Tassilo III. von Bayern gegründet wurde und damit zu den ältesten Benediktinerinnenklöstern Deutschlands zählt. Die Klosterkirche mit ihrem markanten, barocken Zwiebelturm ist nicht nur ein architektonisches Meisterwerk, sondern auch ein Ort der Besinnung und des Friedens. Im Inneren der Kirche gab es allerhand sakrale Kunst zu bestaunen, für die sich unsere Kinder aber nicht interessierten. Sie stritten sich, wer eine Kerze anzünden darf.
Die Selige Irmengard und die Irmengardkapelle
Besonders beeindruckend ist die Verbindung der Fraueninsel mit der Seligen Irmengard, die von 831 bis 866 lebte. Irmengard war die Tochter von König Ludwig dem Deutschen und wurde nach dem Tod ihres Vaters Äbtissin des Klosters Frauenwörth. Sie gilt als Schutzpatronin des Chiemgaus und wurde 1928 heiliggesprochen. Ihr Grab befindet sich in der Klosterkirche, wo eine kunstvoll gestaltete Gedenkstätte an ihr Leben und Wirken erinnert.
Die Irmengardkapelle, die wir als nächstes besuchten, zeigte uns, dass dies immer noch ein lebendiger Wallfahrtsort ist. Überall standen Dankesbilder und Fotos von Kindern und Babys. „Heilige Irmengard hat geholfen“. Auch wenn man nicht wegen Irmengard auf die Insel gekommen ist, spürt man sofort die besondere Atmosphäre in der Kirche.
Die Torhalle
Wieder draußen spazierten wir über den Friedhof. Dort fällt natürlich als erstes das Grab von Alfred Jodl auf. Ein Grab, das immer wieder beschmiert wird, da es sich um einen verurteilten Kriegsverbrecher der Zeit des Nationalsozialismus handelt. Aber das ist eine andere, eher unschöne Geschichte. Ein Spaziergang durch den Klosterhof führte uns zur Torhalle, einem der ältesten erhaltenen Bauwerke des Klosters. Die Torhalle stammt aus dem 9. Jahrhundert und diente ursprünglich als Eingangstor zum Kloster. Die romanische Architektur und die gut erhaltenen Fresken gaben uns einen lebendigen Einblick in die Geschichte des Klosters. Hier spürt man förmlich die Jahrhunderte, die an diesen Mauern vorbeigezogen sind.
Die Tausendjährige Linde
Schon vor über tausend Jahren, so wird vermutet, befand sich auf der Insel eine keltische Kultstätte. Wie überall, wie zur Zeit der Bajuwaren Klöster gegründet wurden. Als Indiz, dass es sich bei der Fraueninsel um einen ganz besonderen Kraftort handelt, gilt der höchste Punkt in der Mitte der Insel, wo sich die tausendjährige Linde befindet. Tatsächlich gibt es zwei markante Winterlinden auf der Fraueninsel: die Tassilolinde und die Marienlinde, die auf ein Alter von mindestens 500 Jahren geschätzt werden, im Volksmund aber als tausendjährige Linden bekannt sind. Mit einem Umfang von etwa 8 Metern sind diese Bäume beeindruckende Naturdenkmäler und erzählen von der langen Geschichte der Insel. Die Inselliebhaber erzählen sich gerne, dass eine Linde nur unter ganz besonderen Voraussetzungen so alt werden kann.
Die Kultstätte der Fraueninsel
Direkt daneben befindet sich ein Bolzplatz, den unsere Jungs sofort in Beschlag nahmen. Für den Spielplatz, unser früherer erste Anlaufpunkt auf der Insel, interessierten sie sich nicht mehr. Unsere Aufmerksamkeit aber erregte ein frisch gepflanztes Blumenbeet neben der tausendjährigen Linde. Denn dieses markiert den Grundriss einer archäologischen Sensation: Ein archäologisches Highlight ist die erst kürzlich entdeckte Kultstätte, deren Überreste im Erdboden schlummern. Geophysikalische Untersuchungen haben auf der Fraueninsel eine vermutlich 1000 Jahre alte Kultstätte zutage gefördert. Diese Entdeckung ist eine absolute Seltenheit und gibt spannende Einblicke in die religiösen Praktiken und das Leben auf der Insel in früheren Zeiten. Die Grundmauern, die durch moderne Technik sichtbar gemacht wurden, lassen auf eine bedeutende, aber bislang verborgene Geschichte schließen.
Uferrundweg und die Fischerhäuser
Es heißt, es gibt drei Wege, um ein Bewohner der Fraueninsel zu werden: 1. Erbe, 2. Heirat oder 3. Man tritt ins Kloster ein. Auch wenn es manche Touristen nicht wahrhaben wollen, leben auf der Fraueninsel 200 echte Menschen. Es handelt sich also um kein großes Freilichtmuseum. Und die Fraueninsel-Bewohner sehen es auch nicht so gerne, wenn man ihr Wohnzimmer betritt und Fotos macht. Alles schon passiert. So magisch es ist, auf der Insel zu leben, so viele Nachteile hat es auch. Und nicht nur neugierige Touristen, die in der Hochsaison zu Tausenden den eigenen Vorgarten flanieren. Selbstverständlich braucht man auch ein Boot und einen Ankerplatz. Und idealerweise auf dem Festplatz einen Stellplatz für ein Auto. Alles also gar nicht so romantisch, wie man sich das gerne vorstellt.
Mit diesem Wissen spazierten wir staunend entlang des Uferrundwegs, der uns um die Nordhälfte der Insel zu den malerischen Fischer- und Künstlerhäusern führte. Diese liebevoll gepflegten Häuser strahlen einen besonderen Charme aus und sind allesamt gepflegt und liebevoll dekoriert. Die Insel wirkt wie ein einziger zauberhafter Garten.
Immer wieder boten sich entlang des Weges spektakuläre Ausblicke auf den Chiemsee und die umliegenden Berge. Die Mischung aus Natur und Kultur macht den Rundweg zu einem unvergesslichen Erlebnis. Besonders die kleinen Fischerboote, die im Hafen schaukeln, und die traditionellen Fischräuchereien, aus denen ein verlockender Duft strömt, gaben uns das Gefühl, in eine andere Zeit einzutauchen.
Die Fraueninsel im Regen
Als es kurz so richtig zu regnen begann, kehrten wir ins Wirtshaus zur Linde ein. Bei einer Tasse Kaffee und einem Stück hausgemachten Kuchen warteten wir, bis sich die Regenwolken wieder verzogen. So gemütlich es in der Wirtsstube auch war und so lecker die Kuchen geschmeckt hatten, bei den Portionen der Schmugglerkiste, die sich die Kinder bestellt hatten, beziehungsweise den Preisen merkten wir schon, dass wir auf einer Insel sind. Aber die flotten Bedienungen machten es wieder wett. Wer etwas preiswerteren Schutz vor dem Regen sucht, kann sich auch in der Kirche, im Klosterladen oder in der Ausstellung über die Chiemsee-Maler in der Torhalle unterstellen.
Unser Fazit
Ein Ausflug zur Fraueninsel ist immer wieder ein besonderes Erlebnis – egal ob bei Sonnenschein oder Regen. Die Mischung aus Geschichte, Kultur und Natur macht diesen Ort zu einem der schönsten Flecken im Chiemgau. Auch wenn wir Einheimischen die Fraueninsel gut kennen, ist jeder Besuch aufs Neue faszinierend und bereichernd. Die Fraueninsel hat ihren eigenen Zauber, der jeden in seinen Bann zieht und einen unvergesslichen Eindruck hinterlässt.
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Infobox Fraueninsel:
Kloster Frauenwörth:
- Gründung: 782 durch Herzog Tassilo III. von Bayern
- Besonderheiten: Benediktinerinnenkloster, geistiges und kulturelles Zentrum seit über 1200 Jahren
- Kirche: Romanische Basilika, um 1200 erbaut, mit barocken Elementen
Torhalle:
- Baujahr: 9. Jahrhundert
- Funktion: Ehemaliges Eingangstor zum Kloster, dient heute als kleines Museum und kultureller Veranstaltungsort
- Architektur: Romanischer Baustil mit bemerkenswerten Fresken
Tausendjährige Linde:
- Alter: Über 1000 Jahre
- Standort: Nahe der Klosterkirche
- Bedeutung: Symbol für Beständigkeit und Geschichte der Insel
Heilige Irmengard:
- Lebenszeit: 831-866
- Hintergrund: Tochter von König Ludwig dem Deutschen, Äbtissin des Klosters
- Heiligsprechung: 1928, Schutzpatronin des Chiemgaus
- Grabstätte: In der Klosterkirche Frauenwörth
Geschichte der Fraueninsel:
- Frühe Geschichte: Besiedlung seit der Jungsteinzeit
- Mittelalter: Bedeutendes religiöses und kulturelles Zentrum durch das Kloster Frauenwörth
- Neuzeit: 19. Jahrhundert, Künstlerkolonie; heute beliebtes Ausflugsziel und Erholungsort
- Kultur: Reiche Tradition in Kunst und Handwerk, lebendige Fischerei und Landwirtschaft
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