Entstammen die heutigen Straßer aus Kirchanschöring einem adeligen Salzburger Geschlecht?
Befasst man sich mit den spätmittelalterlichen Verbindungen eines alten Adelsgeschlechtes namens Strasser, das bereits im 15. Jahrhundert Güter zu Kirchanschöring besessen hat, lassen sich erstaunliche Persönlichkeiten mit engen Verbindungen in den Rupertiwinkl erforschen. Und vielleicht war ein Nachkomme der alten von Strazzer sogar der Urahn der bis heute in Kirchanschöring lebenden Straßer.
Der älteste Bezug eines Strassers nach Kirchanschöring lässt sich aus einer Urkunde des Jahres 1472 herstellen. Die über ein halbes Jahrtausend alte Urkunde berichtet von einem Tausch zwischen dem Konvent von St. Zeno in Reichenhall und einem Ritter Hanns Strasser zu Alben. Getauscht werden die Zehnteinkünfte vom Pfarrhof in Reichersdorf (zwischen Petting und Kirchanschöring gelegen) gegen die Zehnteinkünfte des Stifts von mehreren Gütern, unter anderem in Kirchanschöring.
Forscht man weiter nach den alten Strasser, landet man zunächst in Bad Gastein, da die Gasteiner Strasser bereits in historischen Schriften aus dem 19. Jahrhundert recht gut dokumentiert sind. Diesen Aufzeichnungen zufolge kamen die Strasser ursprünglich aus Kärnten und wurden zu „Koryphäen des gesegneten Bergbaues an der Tauernkette in Gastein und Rauris“. Die Bergbau-Familie hatte ihre Hauptschmelze an der Badbrücke und auf der Kötschau. Während sich ein Teil der Familie Strasser erfolgreich dem Bergbau widmete, taten sich immer wieder Familienmitglieder der Strasser im Dienste des Erzbischofs von Salzburg hervor. So jedenfalls beschrieb der Historiker Joseph Ernst von Koch-Sternfeld die Salzburger Adelsfamilie der Strasser. Seine Informationen hat er sich mit Sicherheit mühsam aus Archiven erlesen müssen. Zu Zeiten des Internets in der viele Archive digitalisiert sind, hat auch ein Hobby-Historiker den damaligen Heimatkunde-Forschern zumindest voraus, dass ihm wesentlich mehr Informationen zur Verfügung stehen.
So beginnt also das Detektivspiel erneut: Wer waren die alten Strasser und welchen Bezug hatten sie zum Rupertiwinkel?
Die erste schillernde Persönlichkeit mit nachweislichem Bezug zum Rupertiwinkel war Ende des 14. Jahrhunderts Ulrich Strasser, der sich in älteren Dokumenten noch „Strazzer“ schrieb. Bereits 1392 taucht er ein erstes Mal als Siegler in den Archiven auf. Später wird er als Hofmarschall im Dienste vom Salzburger Erzherzog Eberhard III. von Neuhaus eines der wichtigsten Ämter im Erzstift Salzburg innehaben.
Ulrich Strasser war auch dabei, als 1403 ein Stück Salzburger Geschichte geschrieben wurden: Die Salzburger Landstände schlossen sich gegen die restriktive Politik der Erzbischöfe zusammen zum sogenannten „Igelbund“ und forderten von den künftigen Erzbischöfen mehr Mitspracherechte. Ulrich Strasser gehörte zu den Unterzeichnern.
Auch in Laufen an der Salzach ist Ulrich Strasser bekannt: Im Jahr 1410 ließ er eine ewige Heilige Messe zahlen, die jährlich am 4. Dezember zu halten ist.
Weitere Hinweise führen in den Rupertiwinkel: Ulrich Strasser erwarb von den Haunspergern, mit denen er verschwägert war, im Jahr 1409 eine Hube zu Straß bei Weildorf.
Im Jahr 1412 ist Ulrich Strasser Pfleger zu Neuhaus. Neuhaus, am Kapuzinerberg bei Gign in Salzburg gelegen, ist der Sitz des dortigen Pfleggericht. Ab 1416 siegelt er als Salzburger Hofmarschall.
War Ulrich Strasser ein Verwandter vom Ritter Hanns Strasser? Ein Indiz, dass dies zutrifft , stellt der Kauf eines ehemaligen Kirchhofes 1418 in Niederalm (Nider-Alben) im Gericht Glanegg, unweit von Salzburg dar. Der Kirchhof wird später zu einem Schloss, dem heutigen Schloss Lasseregg umfunktioniert, das hundert Jahre später in den Besitz der namensgebenden Familie Lasser übergeht. Da die Adligen der damaligen Zeit sich nach ihrem Adelssitz benennen, ist Ulrich Strasser die erste Verbindung der Strasser „von Niederalm“ oder „von der Albm“ und“, auch „von Alben“ geschrieben, wie sie fortan heißen.
Eine weitere in den Geschichtsbüchern auftauchende Rolle hat Ulrich Strasser im großen bayerischen Krieg 1420-1422 gespielt. Als Diplomat im Namen des Salzburgischen Erzbischofs handelte er einen Waffenstillstand zwischen den Kriegsparteien Ludwig dem Älteren und dem Kurfürst Friedrich von Brandenburg aus.
Ein letztes Mal findet man Ulrich Strasser 1425 in den Archiven: Auf Burg Wartenfels hat er sich scheinbar in seinen letzten Jahren als Pfleger niedergelassen.
Wer war dieser Ulrich Strasser? Und wo kam er her? Dass Ulrich Strasser Verbindungen in den Rupertiwinkel hatte, lässt sich daraus schließen, dass Maximilian Prokop von Freybergs in seiner „Historischen Sammlung von Schriften und Urkunden“ über die Strasser schreibt, dass in der Stiftskirche Laufen einige Gräber von reichen Bergleuten und Gewerken sind, die nicht aus der Gegend stammen. Ulrich Strasser wird in einem Zug mit Ritter Hanns Strasser und einem Mattheus Strasser genannt.
Stammte Ulrich Strasser von den Gasteiner Strasser ab? Es ist wohl eher umgekehrt. Ulrich Strasser hatte Besitz in Gastein und gehörte zu den ältesten dort bekannten Strasser. Die Spur seiner Herkunft führt sogar in eine ganz andere Richtung: Laut einem Lehenrevers aus dem Jahr 1422 war Ulrich der Bruder eines Hans Strasser von Windorf. Windorf – heute Wiedendorf – ist ein kleiner Ort in der Wachau im Straßertal. Vieles deutet also darauf hin, dass die Strasser ursprünglich aus dem Straßertal kamen. Hans Strasser von Windorf war ebenfalls im Dienst des Erzbischofs Eberhard und übte das Amt des Hofmeisters in Arnstorf aus.
Dreißig Jahre später erlangt der Ritter Hanns Strasser zu (Nieder) Alben Berühmtheit. Name und Herkunft deuten darauf hin, dass es sich um einen Nachkommen, vielleicht einen Enkel Ulrichs handelt.
Nicht zu verwechseln darf man ihn mit Hans von Albm, der in Laufen in Triebenbach residierte und den Hans Strasser von Strass, der ebenfalls nahe Laufen lebte. Ritter Hans Strasser zu Albm entstammt laut den Chroniken der Gasteiner Gewerkenfamilie der Strasser und er ist in der Stiftskirche Laufen begraben. Ein Grabrelief für seine Frau Arabella von Frauenhoven ist noch heute im Kreuzgang zu sehen. Hanns Strassers Vater war ein gewisser Wilhelm Strasser der als Pfleger auf der Burg Reisfeld in Kärnten Händel mit dem Stift Bamberg hatte. Zusammen mit Wilhelm wird oft ein Heinrich Strasser genannt, der in einigen Dokumenten den Zusatz „von Alben“ trägt. Vielleicht sind beide Söhne von Ulrich Strasser – dies bleibt aber Spekulation.
Im Jahr 1453 wird Ritter Hanns Strasser von Alben als „Pfleger von Halmberg“ geführt. Halmberg war neben Tettelham eines der Gerichte in der Gegend um den Waging am See.
1461 heiratet er Arabella von Frauenhoven. Zwei Kinder entspringen der Ehe: Der Sohn Christoph Strasser von nydern Alben und die Tochter Hedwig. Arabella von Frauenhoven stirbt nur sieben Jahre nach der Hochzeit.
Hanns Strasser zu Alben hatte zahlreiche Besitzungen im Rupertiwinkel. Nicht nur ein Gut in Kirchanschöring, sondern auch die Mühle in Unverzug bei Petting sowie Zehnteinkünfte vom Pfarrhof in Reichersdorf. (Die er mit dem Konvent St. Zeno gegen die Zehnteinkünfte von zwei Gütern in Kirchanschöring tauscht)
Hans Strasser zählt zu den Vertretern des Ritterstandes in der Salzburger Land-Mannschaft. Zusammen mit dem Adeligen Wolfhart Überacker von Sieghartstein bekommt er beim „Türken Landtag“ 1473 vom Erzbischof den Auftrag, den Befehl zu verbreiten, Vorkehrungen gegen den Türkeneinfall vorzunehmen.
Die Tochter vom Ritter Hanns Strasser wäre ursprünglich einem Georg von Freyberg versprochen gewesen. Als dieser sie zur Frau nehmen wollte, hatte Hedwig Strasser heimlich bereits Siegmund von Schondorf geheiratet. Mit diesem wohnte sie in Salzburg in der Haffnergasse 16, die Ritter Hanns Strasser für sie gekauft hatte.
Ritter Hanns von Strasser stirbt 1482. Sein Sohn und Erbe Christoph Strasser kann das Lehen einiger Güter seines Vaters aus gesundheitlichen Gründen nicht persönlich annehmen. Er wird später Pfleger auf der Feste Plain, verkauft das Amt aber nach wenigen Jahren wieder.
Christoph, der anfangs noch den Titel „Nydern Alben“ trägt, lässt sich später in Strass bei Weildorf nieder. Da er seinen Adelssitz dorthin verlegt, heißt er fortan „Christof Strasser zu Strass“.
Er heiratet 1506 standesgemäß eine Tochter aus sehr gutem Hause: Ursula Ueberacker, die Tochter des Ritters Wolfahrt Ueberacker im Sieghartstein. Genau jener Ueberacker, der zusammen mit Hanns Strasser zu Alben Vertreter der Ritterschaft im „Türken-Landtag“ war.
Das junge Ehepaar ist jedoch nicht von Glück gesegnet. 1509 stirbt Ursula nach nur drei Jahren Ehe. 1513 stirbt die einzige Tochter Hedwig. Eine Urkunde belegt, dass für Ursula 1513 vier Jahrestage in der „Sankt Margarethskapelle in Nonntal Salzburg, wo sie auch begraben ist“ zu halten befohlen wurden.
Christof stirbt wenige Jahre darauf, 1518. Er stiftet zu seinem eigenen „Jahrtag“ das Gut zu Strass.
Mit dem Tod von Christoph ist die direkte Linie der Strasser von Alben ausgelöscht. Fünf Jahre nach Christophs Tod taucht im Jahr 1523 ein anderer Sproß der Strasser auf: Ein Jacob Strasser. In einer Erbauseinandersetzung wird Jacob Strasser „früher zu Leuberstorff, jetzt zu Teisendorf ansäßig“ genannt. Ob ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Dahinscheiden des letzten „von Alben“ und dem Auftauchen des Jacob in Teisendorf, acht Kilometer von Straß entfernt besteht, ist zumindest anzunehmen.
In den Chroniken wird auch Jacob Strasser der Gasteiner Gewerken-Familie zugesprochen. Die genaue Verbindung ließ sich allerdings gar nicht so leicht herstellen. Seine Eltern namens Jacob und Elisabeth tauchten im Bezug zu Gastein nämlich nicht auf. Allerdings gab es einen Pfleger zu Hüttenstein am Schafberg namens Jacob – verheiratet mit einer Elisabeth. Und dieser war der Sohn von Wilhelm – und Bruder vom Ritter Hanns Strasser. Beim Jakob Strasser handelte es sich also um den Neffen des Ritters und Vetter von Christoph Strasser.
Es ist eine unruhige Zeit. Martin Luthers Thesen versetzen auch im Salzburger Erzbistum die Bauernschaft in Aufruhr. Sie forderten ein Ende des Frondienstes und zweifelten die Legitimierung der Herrschaft des Erzbischofs an. Eine Rolle spielten bei der Entstehung des Aufstandes auch die gut organisierten Gewerken des Bergbaus in Gastein und Rauris. Unter anderem tat sich Martin Strasser zu Neidegg – einer Nebenlinie der von Albm - darin hervor. Im Mai 1525 eroberten die aufständischen Bauern Hallein und die Burg Hohenwerfen. Sie besetzten unter der Führung von Michael Gruber auch die Stadt Salzburg. Allerdings konnte sich Erzbischof Matthäus Lang auf die Festung Hohensalzburg flüchten und trotzte der Belagerung drei Monate lang.
Truppen des Schwäbischen Bundes eilten schließlich Matthäus Lang zu Hilfe und beendeten die Belagerung. Es folgte ein Friedensvertrag mit den Aufständischen, den der Erzbischof allerdings sofort wieder brach. Im März 1526 brach eine diplomatische Delegation sowohl zum Erzherzog von Österreich auf, als auch zum Erzherzog von Bayern, um im Namen der Bevölkerung des Landes Salzburgs um Verzeihung für den Aufstand zu bitten. Dieser Delegation gehörte auch Jakob Strasser an, der somit in die Fußstapfen seines Vorfahren Ulrich Strasser trat. Obwohl die diplomatische Mission überaus erfolgreich war, gingen die Aufstände weiter. Unter der Führung von Michael Gaismair, dem Tiroler Bauernführer, errangen die Aufständischen zunächst einige Erfolge, ehe sie im Juli 1526 mit dem Ende der Belagerung von Radstadt endgültig unterlagen.
Finanziell war der Aufstand für Matthäus Lang eine Katastrophe. 1528 müssen die Vertreter der Landschaft des Stifts Salzburgs die hohe Verschuldung bei den Herzögen Wilhelm IV und Ludwig X von Bayern bestätigen. Zeuge ist auch Jacob Strasser zu Teisendorf.
Ähnlich wie sein Vorfahr Ulrich macht nun auch Jakob Karriere im Dienst des Salzburger Erzbischofes. Matthäus Lang ernannte ihn 1531 zum Urbarrichter in der Domprobstei.
Jakob Strasser ist mit Brigitte Munich (Munichin) verheiratet und hatte drei Kinder: Mattheus, Philipp und Tecla.
1533 verleiht ihm der Erzbischof gleich mehrere Grundstücke, Zehnten und Lehen. Es taucht in der Liste unter anderem ein „Gut zu Antschering im Tittmoninger Gericht“ auf, das er dem Wilhalm Schonbuecher abgekauft hat. Es ist die zweitälteste Verbindung der Strasser nach Kirchanschöring.
Ebenfalls im Jahr 1533 verheiratet er seine Tochter Tecla mit Sigmund von Tumpberg zum Klebstain. Die urkundlich festgehaltenen Modalitäten der Hochzeit sind heute noch erhalten.
Jakob Strasser hat somit nicht nur eine glänzende Karriere hingelegt, sondern auch seine Tochter gut verheiratet. Zudem hatte er noch eine reiche Erbschaft in Aussicht: Der wohlhabende Salzburger Hans Prätzl (III), Stammsitz in Radeck, starb und Jacob übernahm die Vormundschaft von dessen Kindern Matheus, Samson und Anna. Seine Mutter Elisabeth, wird als Vorahnin der Prätzelschen Kinder genannt, was erklärt, warum die unmündigen Erben dem Jakob anvertraut werden.
Mit dem Tod seiner Mutter Elisabeth geht eine gewaltige Erbschaft an Jakob Strasser über: 1538 wird ein Teil des Prätzl-Erbes der Elisabeth und somit dem Jacob Strasser zugeteilt. Seinen Mündeln Samson und Matheus kauft er kurzerhand einen Teil des übrigen Erbes ab. Darunter das Gut Sölhaim – der künftige Stammsitz der Straßer zu Söllheim. Das kleine Schloss, etwas außerhalb von Salzburg in Anif gelegen, wurde ihm 1539 von Kardinal Matthäus Lang als Lehen übergeben.
1556 erhält Jakob Strasser noch einmal eine große Erbschaft. Das Schloss Neudeck (Neudegg, in Salzburg gelegen), bisher in Familienbesitz des Gregor Münich von Münichhausen, wahrscheinlich Jakobs Schwiegervater, gehört nun dem Jakob Strasser.
In den Geschichtsbüchern wird in Bezug auf den Reichtum der Strasser immer wieder auf die Bergleute in Gastein verwiesen.
Der erste Strasser in Gastein ist 1350 ein Heinrich Strazzer, der das Peterbauerngut besitzt. Fünfzig Jahre später ist dieses im Besitz vom Ulrich Strasser – ein Indiz für den Verwandtschaftsbezug. 1422 wird in Gastein ein Johann Strasser genannt. Es handelt sich vermutlich um den Hans Straßer, der zunächst Wechsler auf Burg Klammstein und ab 1430 Pfleger zu Taxenbach war. Dieser wird stets „Hans Strasser der Ältere“ genannt. Womöglich war der „Jüngere Hans“ der Ritter Hanns Strasser. Dieser verkauft ab 1471 seine Güter in Haitzing sowie das Mesnerhaus, das als seine Hofstatt bezeichnet wird.
Auch in Golling leben Angehörige der Gasteiner und Salzburger Strasser: Ab 1524 ist der Strasshof in Golling in Besitz von Konrad Strasser, der ab 1508 zwanzig Jahre lang das Pfleger-Amt auf der Burg Golling innehatte. Den Strasshof übernehmen seine Söhne Wolfgang und Christoph. Die Töchter von Christoph verkaufen den Strasshof Mitte 16. Jh. an Christoph Weitmoser aus Gastein. 1541 ist Christof Strasser – nicht zu verwechseln mit dem Christof aus Strass – Marktrichter zu Golling.
Zurück zu den Gasteiner Strasser: Anders als die historischen Schriften suggerieren, waren die Strasser nicht bereits seit Jahrzehnten als Bergbau Gewerken tätig. Zunächst begannen die Strasser als kaufmännische Verwalter der Geschäfte der Familie Baumgartner tätig zu sein. Der örtliche montanistische Verwalter der Baumgartner war Martin Strasser. Jener Martin Strasser, der sich 1525 im Bauernaufstand als Gasteiner Hauptmann hervorgetan hatte. Martin Strasser ist der Sohn von Konrad Strasser, dem Gollinger Pfleger.
Als die Baumgartnerschen Bergbau Anteile ausgerechnet an den Konkurrenten der Weitmoser gingen, entbrannte eine fruchtbare Konkurrenz zwischen Christoph Weitmoser und Martin Strasser, der nun ebenfalls als Bergbau-Gewerke einstieg. Zusammen mit den Zott brachten die beiden Familien im 16. Jahrhundert den Gasteiner Bergbau zu seiner großen Blüte.
Der Anfang vom Ende der großen Ära des Edelmetall-Abbaus in Gastein begann mit dem Tod der beiden Brüder Martin und Wolfgang Strasser 1560 und 1561.
In der selben Zeit muss auch Jakob Strasser verstorben sein. Das Erbe wird unter den drei Geschwistern verteilt. Philipp ist inzwischen Pfarrer in der Gemeinde Berndorf. Mattheus hat 1565 vom Erzbischof das Amt des Pflegers zu Golling verliehen bekommen. Vom Erzbischof Michael von Salzburg bekommt die Familie noch einmal ein umfangreiches Lehen. Unter anderem Zehnten und Lehen in Teisendorf und Oberteisendorf.
Dennoch scheint es die kommenden Jahre nicht gut für Mattheus zu laufen. Im Jahr 1570 muss er Erzbischof Jacob einen Schuldschein über 1100 rheinische Gulden aus seinem Amt ausstellen. Da die Besitzungen der Familie noch nicht geteilt sind, muss auch Bruder Philipp seinen Besitz verschreiben. Im selben Jahr müssen die beiden Brüder dem Erzbischof ihre Güter in Teisendorf wieder verkaufen. Die Kaufsumme beträgt 1500 Gulden.
Vom endgültigen Niedergang des Geschlechts der Strasser zu Sölhaim zeugt schließlich der Verkauf des Familiensitzes, des Schloss Söllheim 1576. Mattheus Strasser ist als Pfleger von Golling dem Erzbischof die hohe Summe von 2228 Gulden schuldig geblieben. Er muss zur Tilgung der Schulden das Schloss Söllheim zurückgeben. Zudem weitere Güter, unter anderem in Teisendorf. Philipp Strasser, der noch Pfarrer in Berndorf ist, stimmt der Lehensrückgabe zu.
Da die Güter in Kirchanschöring nicht erwähnt bleiben, ist davon auszugehen, dass sie im Besitz der Familie Strasser bleiben. Mattheus Strasser allerdings verschwindet aus den Geschichtsbüchern. Er taucht noch einmal auf. Und zwar in der Beschreibung seines Grabes. Auch er ist in der Stiftskirche in Laufen begraben. Er wird als „ein alter Salzburgischer bischöflicher Diener und Kammerer und Pfleger zu Golling“ bezeichnet. Mit ihm ist auch seine „Hausfrau, die Tochter von F. Wilhelm Brandt, derzeit Salzburgischer Hofmeister“ begraben. Dass es mit dem Geschlecht kein gutes Ende genommen hat, besagt die abschließende Inschrift: Beide sind „verdorben und gestorben, mit ihnen der Name und der Stamm abgegangen“.
Das Adelsgeschlecht der Strasser wird noch eine Weile von den Strassers zu Neidegg fortgeführt. Martin Strasser der Jüngere, Sohn des Wolfgangs, ist bei der Gründung des „Lender Handels“ in Gastein dabei, kann dem Niedergang des Gasteiner Bergbaus aber nichts mehr entgegensetzen. Er führt die Tradition der Strasserschen Pfleger in Golling fort (1588 bis 1596). Später wird er Salzburger Jägermeister unter Wolf Dietrich zu Raitenau. Da Martin Strasser nur einen Teil des väterlichen Erbes bekam, war das gesamte Strassersche Vermögen schnell zersplittert.
1601 ging Martin Strasser als Pfleger nach Moosheim in den Lungau. 1615 wurden die Besitzungen in Gastein an die Zotten und Gewerke Schott verkauft. 1620 geht Martin Strasser nach Oberkärnten, er kauft den Propst- oder Litzelhof zu Sagritz im Möllthale. Alle Strasserschen Erben im Erzstift sind um 1650 so verarmt, dass sie die landschaftliche Dezimation fortan schuldig blieben und von der Landtafel gelöscht werden.
In Gastein lebten in der Folge noch einfache Bauern mit Namen Strasser, die vermutlich Nachkommen der adeligen Strasser gewesen sind.
So nähere ich mich der Anfangsfrage meiner Recherche: Könnte es vielleicht nicht doch sein, dass die heutigen Kirchanschöringer Straßer mit dem Adelsgeschlecht verwandt sind?
Es bleibt die Frage: Was wurde aus den Gütern in Kirchanschöring? Um das Jahr 1650, jener Zeit also, als der Adel verarmt war, lässt sich der erste Straßer, der ein Gut in Kirchanschöring selbst bewirtschaftet hat, nachweisen. Er heißt interessanterweise Jakob Straßer. Ihm gehört das Baumanngut zu Redl in Kirchanschöring. Vielleicht ist ja der eine oder andere Spross der Adelsfamilie auf den Gütern der Familie zurückgeblieben. Der Baumannbauer Jakob Strasser jedenfalls heiratet 1644 eine Maria Schreyer. Später wird er das Schladerer-Gut in Güßhübl übernehmen, in dem sich die Familie Straßer bis heute erhalten hat.
Liebe Gelehrte, Historiker und Ahnenforscher - da es mein Bestreben ist, die Geschichte der alten Strasser noch weiter zu erhellen und festzuhalten, stelle ich Ihnen hier mein gesamtes Material zur Verfügung. Ich würde Sie bitten, mir dafür Ihrerseits, wenn Sie eigene Erkenntnisse zur Familie haben, diese zukommen zu lassen. Vielen Dank!
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Georg Strasser (Mittwoch, 28 März 2018 19:43)
Sehr geehrter Herr Strasser,
interessante und schöne Ausführungen zu dem Salzburger und Gasteiner Strasser-Geschlecht. Danke. Ich schreibe von Zeit zu Zeit an einem Buch über den Namen Strasser, um die Unmenge meiner gesammelten Daten einmal auszuwerten - unter anderem habe ich - wie Sie - auch die zahlreichen Urkunden der Strasser zu Alben weitgehend ausgewertet, die Grabstätten in Laufen besucht und so weiter. Darüber hinaus erforsche ich die Herkunft des Namens in seiner gesamten Streuung im deutschsprachigen Raum - weil, wie Sie es ebenfalls festgestellt haben - unser Name an zahlreichen verschiedenen Orten (über 100 Ortsbezeichnungen Strass u.ä.) entstanden ist und keineswegs nur von den Adels- oder Rittergeschlechtern abstammt, von denen es in der CH, Bayern und A etwa knapp ein halbes Dutzend gibt.
Mit freundlichen Grüssen
Georg Michael Strasser, gstrasser@hispeed.ch
(um 1600 aus dem Raum Landshut-Dorfen)