„Das Leben ist eine Reise. Nur das Ziel der Reise stand noch nicht fest.“ So sieht es Peter Schäfer. Der Endzwanziger steckt in einer tiefen Lebenskrise. Ein Elternteil ist gestorben, die Beziehung läuft nicht. Er befindet sich in einer Lebensphase, in der er darum geht, Verantwortung zu übernehmen.
Doch das fällt dem Perspektiventräger des Romans „Kleinstadtrebellen“ schwer. „Es ist das Peter-Pan-Motiv, das Sich-Weigern, erwachsen zu werden“, sagt Bernhard Straßer, der Autor des Buches. Die „Kleinstadtrebellen“ sind „Fuatgeh-Geschichten“. Geschichten vom Ausgehen, vom Nachtleben. Aber noch mehr: Geschichten vom Fortgehen im Sinne von Erwachsenwerden, Selbständig-Werden, Sich selbst-Finden, den eigenen Weg gehen.
Peters Weg im Roman beginnt in Hamburg und führt über Wien in seine Heimatstadt, hinter der Traunstein steckt. In der großen und vor allem in der kleinen Welt erlebt der Protagonist wilde Abenteuer und findet heraus, dass das Leben doch noch Spaß machen kann. Er lässt sich von der Lebenslust seines Freundes Justin anstecken, verliebt sich aber ausgerechnet in dessen Freundin Greta. Wichtig ist Straßer, dass Justin mit „Ju“, nicht mit „Tscha“ ausgesprochen wird. „Er ist kein Lausbub aus schlechtem Hause, sondern kann seine Lausbubengeschichten nur machen, weil er einen starken, sicheren Hintergrund hat.“ Für Peters Entwicklung wird er wichtig, nicht zuletzt, weil er sich bereits auf der ersten Seite des Buches klar ist, dass er sein Leben „neu justieren“ muss.
Der 35-jährige Bernhard Straßer aus Traunstein sieht sich als Autor von Chiemgauer Subkultur. Er schreibe über das Wochenendleben, über das, was Leute Mitte 20 bewegt. „Ich möchte spannende und humorvolle Geschichten erzählen und unterhalten, und auch für mich etwas festhalten oder verarbeiten, das mich bewegt hat.“ In die „Kleinstadtrebellen“ sind Dinge eingeflossen, die passiert sind, zum Beispiel das Beschmieren der Papst-Büste in Traunstein. Die Geschichten haben Straßer aber auch die Möglichkeit gegeben, „wie in ein einer Zeitmaschine an bestimmte Punkte meiner eigenen Zeit zurückzuspringen“.
Es gebe wohl keinen Schriftsteller, der über Sachen schreibe, die er gar nicht kenne oder von denen er gar nichts wisse. „Manche Teile sind stark autobiographisch eingefärbt, andere Teile weniger. Ein gewisses Stück von mir ist immer drin, ich schreibe immer über Themen, die mich persönlich beschäftigen“, sagt Bernhard Straßer. So sei das Thema „Erwachsenwerden“ eine „große Sache“ gewesen, als er mit dem Studium fertig war. Hinzu sei gekommen, dass „meine Mutter gestorben ist und ich anfing über das Leben nachzudenken. Allerdings hoffe ich, dass die ´Kleinstadtrebellen` humorvoll und nicht zu ernst beschrieben sind, obwohl das Ernste einer der Gründe war, warum sie entstanden sind.“
Die Texte schrieb Straßer zwischen 2006 und 2009 zuerst unabhängig voneinander, stellte dann aber fest, „dass es immer wieder das gleiche Thema war, das mich beschäftigt hat“. So montierte er die einzelnen Passagen zu einem großen Ganzen, schrieb eine Rahmenhandlung und ein großes Finale. Aus der Schublade, in der sie dann verschwanden, holte er sie für eine Lesung im Traunsteiner „Studio 16“ heraus. Es wurde ein heiterer Abend und Straßer merkte, „dass die Texte funktionieren“.
Er habe dann das „unwahrscheinliche Glück“ gehabt, dass Leute im Publikum waren, die ihm spontan angeboten haben, die Texte so zu überarbeiten, dass sie druckreif werden könnten. Das intensive Lektorat sei „Gold wert gewesen“. Er habe so erkannt, wo er literarische Schwächen hatte, und welche Teile er kürzen oder streichen konnte. Er sei sehr dankbar für dieses Lektorat gewesen, da er selbst nicht genug Zeit in das Projekt investieren konnte. Auch auf seinem Blog rief er Leute auf, Korrektur zu lesen und war dann „hoch motiviert, dass die ´Kleinstadtrebellen` rauskommen“. Bernhard Straßer schickte das Manuskript an mehrere Kleinverlage, erhielt aber nur Absagen. Ihm sei dann die „moderne Technik entgegengekommen“, er veröffentlichte die „Kleinstadtrebellen“ als E-Book bei „Amazon“. Dort wird mittlerweile auch die gedruckte Version des Buches angeboten.
Mit dem Schreiben los ging es bei Bernhard Straßer, als er mit 18 als Austauschschüler nach Amerika ging und dort Unterricht in Creative Writing nahm. Nach dem Studium besuchte er Literaturlehrgänge in der Sommerakademie Schrobenhausen bei namhaften Autoren wie Ursula Krechel und Norbert Niemann. Seitdem versuche er, die Schriftstellerei „professioneller zu betreiben“.
Hauptberuflich ist Straßer als Berufsberater zuständig für junge Menschen im Alter zwischen 14 und 25 Jahren und betreut Schüler der Realschule Trostberg, der Reiffenstuehl-Realschule-Traunstein sowie der Mittelschulen Obing und Schnaitsee. Es sei nicht immer leicht, den Beruf, die Aufgaben als Familienvater – er ist verheiratet und hat einen eineinhalbjährigen Sohn – und das Schreiben unter einen Hut zu bringen. Es erfordere zum Beispiel Disziplin, sich am Abend feste Zeiten zum Schreiben zu nehmen. Als er in Elternteilzeit war, habe er sich in erster Linie Zeit für den Kleinen genommen, aber auch Phasen gehabt, in denen „ich sehr viel geschrieben habe“.
Derzeit arbeitet Straßer an „zwei großen Projekten“. In einer Familienchronik beschäftigt er sich mit der Kirchanschöringer Vergangenheit. Er möchte die Wurzeln des Ortes dokumentieren, in dem er aufgewachsen ist und dessen politisches Leben auch von seiner Familie geprägt worden sei. Er könne für die Fakten einen historischen Verein „anzapfen“, am wichtigsten sei ihm aber, „die Geschichten zwischen den Jahreszahlen herauszukriegen, das, was die Menschen bewegt hat“. Das zweite Projekt beschäftige sich mit dem schweren Thema Krebs. Dieser Krankheit erlag seine Mutter. „Komischerweise“, sei das Jahr, in dem sie Krebs hatte, eines der „schönsten meines Lebens“ gewesen, so Straßer. Aus dem Widerspruch, dass man ganz intensiv leben könne, obwohl in der Familie ein schlimmes Schicksal passierte, habe er versucht ein Buch zu machen. In diesem stecke „an Literarischem mehr dahinter als in den ´Kleinstadtrebellen`. Ich habe bei dem neuen Projekt geschaut, dass Leute die sich literarisch auskennen, etwas rausziehen können.“
In dieser Hinsicht beeinflusst haben ihn die Autoren Wolfgang Herrndorf („Tschick“) und John Green („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“). Es mache „wahnsinnig Spaß“ die Bücher zu lesen, aus denen man „aber auch andere Dinge für sich rausnehmen kann“. Der Amerikaner Green habe mit seiner Geschichte über krebskranke Jugendliche „das Kunststück fertig gebracht, ein unglaublich ernstes Thema unterhaltsam und humorvoll darzustellen“. Man könne das Buch lesen ohne sich schlecht zu fühlen. Außerdem enthalte es sehr viele Verweise auf amerikanische Literaturklassiker, die Green in seinem Blog jugendlichen Lesern auch erkläre.
Auf seinem eigenen Blog informiert Straßer über seine Arbeit, präsentiert jeden Monat eine neue Kurzgeschichte und führt ein Elterntagebuch, das vor allem von jungen Müttern gelesen werde. Aber auch „beim Literarischen gebe es einen gewissen Lesekreis“. Eine weitere Möglichkeit, seine Texte zu präsentieren gibt es bei den Lesereihen der „Chiemgau-Autoren“, zu deren Gründungsmitgliedern Straßer zusammen mit Michael Inneberger und Günter Harras zählt. Die „Chiemgau-Autoren“ seien ein „gutes Netzwerk, bei dem man gut ins Gespräch kommt“, so Straßer.
Bernhard Straßer hat verschiedene Wege genutzt, um ins Gespräch zu kommen, sich einem Publikum zu präsentieren. Ob online oder gedruckt, sie sind es wert angeschaut und gelesen zu werden, seine Geschichten vom Wege gehen.
Bestellbar auf Amazon als Taschenbuch oder E-Book. Oder hier: