Kurzgeschichte Die Mensur
Bernhard Straßer - Die Mensur

Eine Kurzgeschichte über die Liebe und den Tod: Ein netter aber unauffälliger Buchhaltungs-Dozent verliebt sich sich in eine junge Frau, die ihn an etwas längst Vergangenes erinnert. Deren Freund ist allerdings Mitglied in einer schlagenden Verbindung. Eine etwas lustigere Variante einer Lehrgangs-Kurzgeschichte gibt es hier zu lesen.

"Dies wäre mein Beitrag zum FM4 - Wortlaut Wettbewerb mit dem Thema Grell gewesen. Ursprungsidee war, einen Menschen zu beschreiben, der das Gegenteil von grell ist. In diese dramatischen Kurzgeschichte vermischten sich letztendlich drei Tage auf einem Lehrgang in Würzburg und die Ereignisse kurz vor dem Tod meines Schwagers, der an einem Gehirntumor gestorben war. Die Lebenslinien der Menschen, die mir damals begegnet waren und, vor allem, die Erzählungen über schlagende Burschenschaften, flossen alle in diesen Text über den Umgang mit dem Tod."

Die Mensur

Unauffällig und blass, aber nett steht in den Feedbackbögen meistens. Die ersten beiden Adjektive lassen sich beliebig austauschen, das "aber nett" war die einzige Konstante. Seit sieben Jahren lehre ich nun schon Grundlagen der Finanzbuchhaltung. Und selbst Gruppen, die bis an den Rand der Euphorie mitgearbeitet hatten, bewerten mich nie ekstatischer als mit "er war nett."

Seit sieben Jahren arbeite ich jetzt daran, mir einen Ruf als Koryphäe der Grundlagen der Finanzbuchhaltung in meinem Institut zu festigen und nie habe ich hinterfragt, was ich tue. Wenn man erst mal jenseits der Dreißig ist und die Haare weniger werden, ist man nicht unglücklich darüber, fachlich mit sehr gut und menschlich als nett bewertet zu werden . Vor allem wenn man Zeiten erlebt hat wie...

Aber eigentlich wollte ich ja erzählen, wie das mit der Narbe passiert ist.

Im Frühling hatte ich wieder eine der interessierteren Gruppen im Seminar. Es würden sehr gute Buchhalter werden, dachte ich mir und lud die Gruppe abends zu einem Brückenschoppen in die Altstadt ein. Drei davon kamen

Madeleine erinnerte mich an jemand oder etwas, aber was, wollte mir nicht einfallen. Sie wirkte nicht wie eine zukünftige Buchhalterin. Sie lachte zu viel, hatte ein sonniges Wesen , war auffallend gekleidet und hatte ein lautes ansteckendes Lachen . Ich musste wie ein tapsiger, verunsicherter Zirkusbär  mit Halbglatze ausgesehen haben, wie ich so neben ihr auf der Brücke stand, redend, die Weingläser leerend.

 

Hinter der Burg, die auf einem Weinberg über der Stadt thronte, ging die Sonne unter und beim zweiten Glas Wein - Scheurebe, Jahrgang 2014 der Winzerei Popp -  merkte ich gar nicht mehr, dass unsere Konversation dazu übergegangen war, dass ich Madeleines Fragen beantwortete. Mit einem Auge beobachtete ich die anderen beiden, die sich leidenschaftlich über Haushaltsgrundsätze unterhielten. Mit dem anderen versuchte ich Madelaine nicht in ihre mich fixierenden Augen zu blicken. Hellblau waren sie, ein gebirgsfrühlinghelles Blau. Und sie schaute einen nicht nur mit diesen wachen, einnehmenden Augen an, sondern auch mit ihrer Stirn, die sie in Falten legen konnte, wenn sie Fragen stellte. Mit ihrer sicherlich dem französischen Adel abstammenden Nase und mit ihrem Mund, besser gesagt ihren Lippen, die ihren Mund sinnlich umrahmten. Den Mund, der groß genug war, um die großen Fragen zu stellen .Unauffällig und blass, aber nett steht in den Feedbackbögen meistens. Die ersten beiden Adjektive lassen sich beliebig austauschen, das "aber nett" war die einzige Konstante. Seit sieben Jahren lehre ich nun schon Grundlagen der Finanzbuchhaltung. Und selbst Gruppen, die bis an den Rand der Euphorie mitgearbeitet hatten, bewerten mich nie ekstatischer als mit "er war nett."

 

Seit sieben Jahren arbeite ich jetzt daran, mir einen Ruf als Koryphäe der Grundlagen der Finanzbuchhaltung in meinem Institut zu festigen und nie habe ich hinterfragt, was ich tue. Wenn man erst mal jenseits der Dreißig ist und die Haare weniger werden, ist man nicht unglücklich darüber, fachlich mit sehr gut und menschlich als nett bewertet zu werden . Vor allem wenn man Zeiten erlebt hat wie...

Aber eigentlich wollte ich ja erzählen, wie das mit der Narbe passiert ist.

Im Frühling hatte ich wieder eine der interessierteren Gruppen im Seminar. Es würden sehr gute Buchhalter werden, dachte ich mir und lud die Gruppe abends zu einem Brückenschoppen in die Altstadt ein. Drei davon kamen

Madeleine erinnerte mich an jemand oder etwas, aber was, wollte mir nicht einfallen. Sie wirkte nicht wie eine zukünftige Buchhalterin. Sie lachte zu viel, hatte ein sonniges Wesen , war auffallend gekleidet und hatte ein lautes ansteckendes Lachen . Ich musste wie ein tapsiger, verunsicherter Zirkusbär  mit Halbglatze ausgesehen haben, wie ich so neben ihr auf der Brücke stand, redend, die Weingläser leerend.

 

Hinter der Burg, die auf einem Weinberg über der Stadt thronte, ging die Sonne unter und beim zweiten Glas Wein - Scheurebe, Jahrgang 2014 der Winzerei Popp -  merkte ich gar nicht mehr, dass unsere Konversation dazu übergegangen war, dass ich Madeleines Fragen beantwortete. Mit einem Auge beobachtete ich die anderen beiden, die sich leidenschaftlich über Haushaltsgrundsätze unterhielten. Mit dem anderen versuchte ich Madelaine nicht in ihre mich fixierenden Augen zu blicken. Hellblau waren sie, ein gebirgsfrühlinghelles Blau. Und sie schaute einen nicht nur mit diesen wachen, einnehmenden Augen an, sondern auch mit ihrer Stirn, die sie in Falten legen konnte, wenn sie Fragen stellte. Mit ihrer sicherlich dem französischen Adel abstammenden Nase und mit ihrem Mund, besser gesagt ihren Lippen, die ihren Mund sinnlich umrahmten. Den Mund, der groß genug war, um die großen Fragen zu stellen . 


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"Warum bist du Finanzlehrer geworden?", fragte sie und ich bemühte mich, ihr nicht in zuvor beschriebene Augen zu schauen. "Warum hast du dir ausgerechnet den langweiligsten Fachbereich der Welt ausgesucht?", fragte Madeleine und plötzlich fragte ich es mich auch. Im selben Moment machte einer der anderen ein Foto. Später schickte er es mir. Man sieht eine strahlende junge Frau, deren blaue Augen so hell ins Foto leuchten, dass der grübelnde ältere Herr neben ihr noch blasser wirkt. Als ich das Foto ansah, fiel mir ein, dass ich in genau diesem Moment über Madeleines Freund nachgedacht hatte. Sie hatte mir von ihm erzählt. Dass er Jura studiert hatte und trotzdem ein Draufgänger war. Marc, so hieß er, war inzwischen Staatsanwalt und einzahlendes Mitglied in der hiesigen Studentenverbindung. Einer schlagenden, hatte Madeleine betont. So hatten sie sich kennengelernt. Als Marc noch nicht einzahlendes, sondern nehmendes Mitglied der Burschenschaft war, so ihre Kennenlern-Geschichte -  hatte Madeleine ihn beobachtet, wie er sich in einer Mensur schlug. Marc war der einzige, erzählte sie, der seinen Säbel nicht als Alibi-Staubwedel verwendete, sondern sich beinahe manisch auf seinen Gegner stürzte. Der Gegner war der damals beste Fechter gewesen, Madelaines Freund. Er schlug Marc eine Wunde in die Stirn, gewann die Mensur und verlor Madeleine, die sich leidenschaftlich in den Verlierer verliebte. Als Madeleine davon erzählte, strahlten ihre Augen und ich dachte lange darüber nach, ob ich je ein Mensch gewesen war, der Ähnliches in ihrem Gesicht auslösen würde können. Dieses Strahlen erinnerte mich an etwas. An jemanden.

Burg, Brücke und Altstadt wurden langsam illuminiert und Madeleines "Warum" - Fragen hörten nicht auf. Ich hätte gerne mehr von ihr gehört, von ihrer Liebe zur Stadt, ihrer Leidenschaft für kitschige Fernsehserien und all ihren Träumereien, von denen sie erzählte. Aber sie hörte nicht auf wissen zu wollen , wer ich war, wie ich der wurde, der ich bin. Es schmeichelte mir, dass sie dachte, ich sei einmal anders gewesen und fragte sie, wie alt sie sei. "29", sagte sie. Ich dachte nach, wer ich mit 29 gewesen sei. Mit wem ich zusammen war. Ob ich damals noch mit jemanden zusammen war. Es wollte mir nicht einfallen. Stattdessen erzählte ich ihr die Geschichte, wie ich ein Sabbatjahr genommen hatte, um meinen kranken Bruder zu pflegen. Ich erklärte ihr, was ein Glioblastom ist und sie wusste es bereits, weil sie früher einmal Medizin studieren wollte und ein Faible für unheilbare Krankheiten hatte. Kurz flackerten ihre Augen auf, als ich von den Eigenheiten des Tumors im Hirn meines Bruders berichtete. Aber als ich das Sterben und das Verschwinden meiner Freunde kurz anriss, da riss auch ihr Strahlen immer wieder ab, sie schaute nachdenklich ins Wasser und wir redeten wieder über den Bergdoktor .

Als die anderen längst heimgegangen waren, spazierte ich mit Madeleine über die Brücke. Alles wankte, weil der Winzer Popp einen sehr starken Weißwein keltert.  Auf der anderen Seite, unter der Statue des Heiligen Kilian, hielt sie meine Wangen in ihren Händen und ihre Augen waren trotz der Nacht so hellblau wie am Tag. Sie nahm mir die Brille ab, schaute mich an, als suche sie etwas in meinem Gesicht, und als sie mich küsste war alles wieder da. Aus einem grellen Lichtblitz nahm jener Weinberg Kontur an, an dem ich Kiera damals geküsst hatte. Ich hatte noch lange Haare, sogar etwas länger als ihre. Kiera küsste gerne, das wusste ich, das war mir egal, ich küsste auch gerne. Nächtelang waren wir durch die Clubs gezogen, hatten kein Konzert ausgelassen, malten uns aus, wie legendär unser Leben war und wie viel legendärer es bitteschön noch werden würde . Kiera war niemand, den man festhalten konnte, das war mir schon klar gewesen. Ihr Lieblingsbuch war eine zerfledderte Reclam-Ausgabe von Wedekinds Lulu und nie hätte ich erwartet, jemanden kennenzulernen, der so sehr im Augenblick lebte. Natürlich hatte ich darüber nachgedacht, sie zu heiraten. Das taten alle, die sie kennenlernten. Damals war ich fast dreißig, verdiente viel Geld und das wilde Leben begann mich zu langweilen . Aber Kiera war ein Kind der Nacht und als das mit meinem Bruder begann, war ich abends zu müde, um noch um die Häuser zu ziehen. Kiera küsste bald andere und als wir uns trennten, dachte ich nur die ersten Wochen, ich müsste sterben. Denn mein Bruder musste wirklich sterben und es trauert sich nicht gut in der Nähe von Menschen mit wirklichen Problemen.

Das alles fiel mir wieder ein, als ich Madeleine küsste. Wie es sich angefühlt hatte, verliebt zu sein, wie es war, glücklich zu sein.

Und weil ich das alles einfach nicht vergessen konnte, setzte ich mich Monate später, als der Herbst begann, ins Auto, um zu Madeleine zu fahren.

Sie und Marc wohnten dreihundert Kilometer ostwärts in ihrem großen Einfamilienhaus, ohne je eine Familie gegründet zu haben. Ich stand lange im Stau. Es war von Anfang an eine bescheuerte Idee. Alleine im Auto hat man viel Zeit zum Nachdenken und mir fielen tausende Details wieder ein, wie sich der Tumor im Kopf meines Bruders in den Arschloch-Tumor verwandelte. Wie er mich beschimpft und entblößt hatte und damit prahlte, dass er noch kurz nach der Diagnose mit Kiera gepoppt hatte, jedes Mal wenn ich außer Haus war. Ich hoffte, die dunklen Gedanken zu verscheuchen, je näher ich Madeleines Dorf kam.

Jedenfalls war die ganze Sache nicht wirklich durchdacht. Ich hatte weder eine Idee, was ich Madeleine hätte sagen sollen , noch wusste ich, dass es in dieser Gegend an der Autobahn kaum Tankstellen gibt, als ich schon seit 50 Kilometer auf Reserve fuhr.

Sieben Kilometer weit kam ich noch auf einer leeren Landstraße, während der Bordcomputer panisch blinkte und ich den Wegweisern zu einer Tankstelle folgte, die nie auftauchte. Irgendwo auf einer Landstraße im großen Nichts, konnte der Motor nicht mehr und mein Skoda rollte im Kiesbett aus. Die Warnblinkanlage zuckte und die Sonne reflektierte gleißend an der Windschutzscheibe. Es wäre übertrieben zu behaupten, dass ich hemmungslos losheulte. Dass ich den alten, kahlen Mann im Rückspiegel verfluchte. Und Kiera. Und meinen Bruder sowieso.

Als ich Madeleine anrief, war sie nicht einmal überrascht. Vermutlich war sie ein Mensch, dem derartiges öfter passierte.

Nur kurz dauerte das Schweigen am anderen Ende der Leitung, nachdem ich ihr erläutert hatte, dass ich eine Panne hätte, dass ich einen Kilometer vor ihrem Haus stünde. Weil es wenig glaubhaft gewesen wäre zu behaupten, ich sei zufällig in der Gegend gewesen, hatte ich hinzugefügt: „Ich wollte dich so gerne wiedersehen.“

Das kurze Schweigen dauerte dann doch etwas länger und als auch mein Akku zu piepsen anfing, wurde mir endgültig schlecht. „Bleib wo du bist“, sagte sie und hörte nicht mehr, wie ich neben die Felgen kotzte, weil kurz vorher das Handy seinen Geist aufgegeben hatte..

Ich schlich noch mindestens eine halbe Stunde um mein liegengebliebenes Auto herum und hatte einmal mehr viel zu viel Zeit, mir Gedanken zu machen. Diesmal allerdings weniger über das Vergangene, als über das, was als nächstes passieren würde. In den meisten der Bilder, die sich in meinem Kopfkino abspielten, stieg Madeleine aus einem Corsa aus, schüttelte lächelnd den Kopf, küsste mich wie damals auf der Brücke und schimpfte wieder und wieder: „Du machst vielleicht Sachen! Du bist vielleicht einer!“ In anderen sah ich Kiera, wie sie mit mir schlussmachte. Denn manches fühlte sich gerade so an wie damals – soweit man sich an Gefühle überhaupt exakt erinnern kann.

Womit ich nicht gerechnet hatte, war ein schwarzer Nissan Qashqai, der energisch aus einem Feldweg auftauchte. Ein Mann in etwa meinem Alter stieg bei laufendem Motor aus. Aus der Stereoanlage plärrte Bilderbuch „Ich brauch mehr Strom!“ Der Mann trug einen dunkelblauen Anzug und eine rot-weiß gestreifte Krawatte. Eine Zigarette glühte zwischen seinen Mundwinkeln. Auf dem Kopf hatte er nicht mehr Haare als ich und seine Stirn war von einer langen Narbe entstellt. Sein Blick streifte mich, fixierte den Wagen. „Benzin oder Diesel?“, fragte er.

„Benzin“, antwortete ich mit heiserer Stimme.

Marc murmelte etwas. Kaum wahrnehmbar schüttelte er den Kopf, als er den Kofferraum seines Qashqai öffnete und einen der beiden Kanister rausholte. Mit einem Kopfnicken wies er mich an, den Benzintank zu öffnen. „Geht aufs Haus“, sagte er mit einer Stimme, die er als Staatsanwalt vermutlich immer verwendete, wenn er den Angeklagten endgültig überführt hatte. „Fahr mir nach.“

Ich folgte ihm bis zum Dorf und der Siedlung am Waldrand. Während der ganzen Fahrt hatte ich ihn beobachten können, wie er zu den Bilderbuch-Songs lautstark mitsang und wild den Kopf nickte. Spätestens da hätte mir klar sein müssen, dass Madeleines Freund ein Psycho ist.

Als der Kies vor ihrem Haus knirschte, sprang sie schon von der Veranda. Marc, dessen Blick an den nahenden Winter erinnerte, ließ ihre Freude mit einer Handbewegung erstarren. Auch mich hieß er mit einer stummen, ruckartigen Kopfbewegung, sofort stehenzubleiben.

„Was ist los?“, rief Madeleine.

Etwas in ihrer Stimme sagte mir, dass es sich um eine rhetorische Frage handelte. Frauen wie sie kannten scheinbar derartige Situationen.

„Halt‘s Maul!“, rief der Mann und öffnete den Kofferraum seines Qashqai.

Er hievte mit einem Ruck die Benzinkanister heraus und stellte sie neben den Wagen. Dann holte er etwas Längliches hervor, das in ein Tuch gewickelt war.

„Spinnst du?“, rief Madeleine. Aber wieder in einer Stimmlage die eher an einen Reflex erinnerte, als an Empörung. Marcs Lippen klammerten sich noch immer an eine Zigarette und aus den Mundwinkeln knurrte er: „Du hast sie gefickt.“

„Nein!“, schrie ich hysterisch. „Nein, hab ich nicht! Ich schwöre! Es war nur ein Kuss! Wir haben uns nur geküsst!“

Sein zufriedener Gesichtsausdruck erinnerte mich sofort daran, dass Marc ja als Staatsanwalt geschult darin war, Delinquenten Geständnisse zu entlocken und alles in mir erschlaffte.

Marc nickte finster. „Das ist noch schlimmer.“

Ruckartig riss er am Tuch und zwei blitzende Säbel kamen zum Vorschein.

„Marc, lass ihn doch in Ruhe!“, schrie Madeleine, als wüsste sie längst, was jetzt käme.

„Das hast du ihm schon selbst eingebrockt!“ Er reichte mir einen der Säbel. „Du weißt, wie das geht?“, fragte er.

„Ich hab im Studium mal Florett gefechtet.“

„Muschi!“, schrie Mark und holte aus.

Zwei parierte Hiebe später lag ich blutend im Kiesbett vor Madeleines Veranda. Madeleines Schrei war mir durch Mark und Bein gegangen. Madeleine stürzte schreiend die Treppe hinunter und betastete panisch meine Wunde. Ich kam mir unendlich blöd vor. Weil ich nichts weiter war als ein Dozent für Grundlagen der Finanzbuchhaltung, kahlköpfig, übergewichtig, aber nett. Ein Dozent der halb ohnmächtig im Garten einer Schülerin lag, in die sich der alte Mann verknallt hatte. Aber am meisten ärgerte ich mich, dass mich Marc gar nicht richtig getroffen hatte. Es würde vermutlich nicht einmal eine richtig große Narbe bleiben.

 

Als Madeleine mich verband und meine Wunde küsste, habe sie der Geschmack des Blutes an etwas erinnert, sagte sie mir einige Wochen später, als wir auf meiner Couch saßen. Sie erinnerte sie mit einer längst vergessenen Wucht daran, wie es sich anfühlte, frisch verliebt zu sein. 

 

Ende

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