Meine erste Woche Elternzeit. „Damit eines klar ist: Elternzeit ist kein Urlaub!“ So hat also meine Elternzeit begonnen. Und damit ich als Elternteil die Zeit mit meinem Sohn effektiv verbringe und die Mutter entlaste, habe ich natürlich blauäugig versprochen, alle Aufgaben zu übernehmen, die in der Regel sie erledigt, während ich in der Arbeit bin. Dies sei im Vorfeld allerdings schon verraten: Egal, wie viel man tut und macht, die eigentliche Arbeit liegt weiterhin bei der Mutter, da nur sie weiß, wie man Karottenbrei macht, wo die Babynagelschere versteckt ist und wie man ein Kind wettergemäß anzuziehen hat.
So waren unsere ersten Erfahrungen im Pekip Traunstein
Ich gebe dennoch mein Bestes und verspreche, alles mit Sebastian zu machen, was sie sonst so unter der Woche mit ihm macht. Da sie mich allerdings gut kennt, hat sie mir angeboten, von den drei Kursen, bei denen Sebastian mitmacht, nur einen zu übernehmen. Zur Auswahl standen: PEKiP, Musikgarten und Babyschwimmen. Jaja, mit der Frühförderung kann man gar nicht früh genug anfangen. Die Anmeldebögen zum Kinderyoga und Spanisch für Kinder, die noch gar nicht sprechen können, sind schon ausgefüllt.
Jedenfalls schied der Musikgarten sofort aus. Singen und dabei die Lieder in Gestik und Mimik nachzuspielen, fand ich schon im Kindergarten schrecklich. Zum Thema Babyschwimmen habe ich mir sagen lassen, dass es in der nördlichen Hemisphäre nichts Verwunderlicheres gibt als Eltern beim Babyschwimmen. Das Multitasking in der Umkleide, wo Kind und Elternteil gleichzeitig an- und ausgekleidet werden müssen, führt zu regelmäßigen chaotischen Zuständen. Diese gehen soweit, dass manche verzweifelte Mutter kurzerhand ihren Mann mit in die Damenumkleide nimmt, damit er sich um das Kind kümmert und sie sich in Ruhe umziehen kann. Meine Frau, so habe ich mir aus verlässlicher Quelle sagen lassen, sei diesbezüglich ein Vorbild in Sachen Pragmatismus gewesen und habe die Umkleideprozedur stets ohne großes Geschrei beiderseits vonstatten gebracht. Da ich mir selbiges nicht zutraue, schied das Babyschwimmen also ebenfalls aus.
Blieb nur noch PEKiP übrig. Was ist das eigentlich? Das Kürzel steht für „Prager Eltern-Kind Projekt“. In Prag hat ein deutsches Ehepaar um die vorletzte Jahrhundertwende in einem Waisenhaus nämlich herausgefunden, dass sich Kleinkinder besser entwickeln, wenn man mit ihnen spielt. Sensationell! Und diese Erkenntnis wird fortan in PEKiP Gruppen weitergegeben. Das Essentielle am PEKiP ist, dass die Kinder dabei eineinhalb Stunden nackt in einem beheizten Raum herumtollen dürfen.
Zusätzlich werden den Kindern kleinere Settings aufgebaut. Zum Beispiel Schüsseln und Ketten. Die Kinder lernen, dass man Ketten unter den Schüsseln verstecken kann, oder die Ketten in die Schüsseln legen kann. Sebastian kann beides noch nicht. Aber er ist ja erst elf Monate alt. Der Papa ärgert sich trotzdem. Was Sebastian allerdings besser kann als die anderen Kinder ist Essen und Pinkeln. Das Pinkeln erledigt er gleich nach einer Weile. Da die Kinder, wie gesagt, unbewindelt sind, stürze ich mich sofort mit einem Handtuch hinterher und wische die Bescherung wieder auf. Ich frage die Pädagogin, wie oft pro Kurs ein Kind „groß“ macht. Höchstens einmal, versichert sie mir. Ich schwitze und hoffe, dass das eine Mal nicht Sebastian ist.
Gegen Mittag bekommt das erste Kind Früchte zu essen. Sebastian reißt plötzlich Augen und Mund weit auf und robbt aus Leibeskräften in Richtung der Schüssel. Ich fetze ihm hinterher und ziehe das enttäuscht zeternde Kind vom fremden Essen weg. Um das Drama etwas zu lindern, bekommt er nun sein eigenes Essen: Brei. Brei ist für den jungen Herren in etwa so, als gäbe man unsereins… Brei. Er verzieht die Mundwinkel, hält nach dem Essen der anderen Kinder Ausschau und klatscht immer dann in die Hände, wenn der gut gehäufte Löffel dazwischen ist. Nach dem Essen muss er von oben bis unten vom Brei gesäubert werden, ehe er weiterspielen darf. Zu guter Letzt macht die Pädagogin Seifenblasen. Sebastian schaut eine Weile vergnügt zu. Als er die Seifenblasen aber nicht zu fassen kriegt, dreht er sich wieder um und robbt nach der Trinkflasche…