Männerschnupfen

Als wäre der normale Alltag nicht schon verrückt genug, hat es mich nun endgültig erwischt. Herbst für Herbst ist es nur eine Frage der Zeit, bis er einem heimtückisch auflauert: Der Schnupfen. Auch bekannt als Erkältung, Katarrh oder, in seiner verschärftesten Variante, der Männerschnupfen. 

Männerschnupfen
Der Horror aller Krankheiten: Männerschnupfen

Heuer sah es lange Zeit ganz gut aus. Durch den nicht enden wollenden Spätsommer und dem anhaltenden sommerlichen Herbst blieb die Lage an der Virenfront ruhig. Zumindest bei uns daheim. Nachrichten, dass unser alter Bekannter, das Coronavirus, sich anschickte, erneut Schneisen in die Schulklassen zu schlagen, wurden rasch von anderen Meldungen abgelöst: Magen-Darm solle umgehen. Die Einschläge rückten näher. Hobby-Hypochonder waren sofort in Alarmstimmung und deckten sich mit Globuli und Placebos ein. Richtige Medikamente kriegt man ja heutzutage kaum mehr in der Apotheke. Aber noch überwog das stabile Immunsystem. Während Freunde und Kollegen davon berichteten, wie warm es im Bett manchmal wird, wenn das Kind den Norovirus erwischt hat, blieb ich von viralen Horrorerlebnissen verschont. Bei jedem Anruf, der die Nummer der Schule im Display zeigte, rechnete ich mit dem Schlimmsten. Und tatsächlich: Das Kind müsse abgeholt werden, es habe Nasenbluten! Oh Gott, warum lässt die Schule Kinder bei Nasenbluten abholen? Ebola-Virus? Es war tatsächlich ernster als gedacht: Das Kind war auf die Nase gestürzt und hatte seitdem starke Kopfschmerzen. Glücklicherweise ging der Unfall gut aus: Nachdem der Kleine vom Kinderarzt mit Gummibärchen aufgepäppelt wurde, sprang er wieder ausgelassen herum. Und letztendlich ist es dennoch passiert. Trotz aller Nahrungsergänzungsmittel und Äpfel, die ich mir prophylaktisch zugeführt hatte, hab ich mir nun doch einen Schnupfen eingefangen. Seit Tagen rinnt die Nase so sehr, dass ich mir in meiner Verzweiflung sogar eine Nasendusche geholt habe. Die Taschentücher im Schlafzimmer türmen sich wie in einem Teenagerzimmer. Das Halskratzen so unangenehm, dass ich freiwillig einen Tee getrunken habe. Meine Frau, die sich aufopferungsvoll um mich kümmerte und mir das Lebensnotwendige ans Bett brachte, sprach schließlich aus, was zuvor als dunkle Vorahnung zwischen uns schwelte: Ja, ich war krank. Ihre Diagnose war nach zwei Tagen meines Leidens so präzise wie niederschmetternd. Ich hatte nicht nur Schnupfen. Schlimmer. Nein, nicht der Schwarze Tod. Aber die Königsklasse des Schnupfens, die Hölle aller Frauen. Etwas entnervt sagte sie: „Ich glaube, du hast Männerschnupfen!“ 

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