Von Nachtgespenstern  und einer Kuh auf dem Dach

Vor genau einem Jahr sind wir in unser neues Haus umgezogen. Damals war es gefühlter Winter. Heute ist es gefühlter Sommer. Viel ist passiert seitdem. Bevor ich von gruseligen Nachtgeschichten und Kühen auf dem Dach berichte, noch ein kleiner Tipp für alle Eltern, die sich einbilden, sich räumlich vergrößern zu müssen: Immobiliengeschäfte, Umzug und nebenbei noch kleine Kinder – diesen Spaß sollte man sich doppelt und dreifach überlegen.

Es war schwierig, eine Immobilie mit Rutsche und Sandkasten zu finden.
Es war schwierig, eine Immobilie mit Rutsche und Sandkasten zu finden.

Aber zurück zur Kuh auf dem Dach: Bis heute behauptet Sebastian steif und fest, dass wir unsere alte Wohnung verkaufen mussten, weil eine Kuh auf dem Dach war. Nachts hatte er manchmal Angst vor der Kuh und konnte deshalb oft nicht einschlafen. Nur so ist auch zu erklären, dass wir uns damals so schwer taten, die supertolle Wohnung zu verkaufen. Klar, wer will schon eine Dachgeschosswohnung haben, auf der es die ganze Nacht über muht.

Exakt ein Jahr später haben wir ein neues Nachtgespenst: Unser kleiner Löwe ist, wie wir nun wissen, ein eingefleischter Zeitumstellungsgegner. Und er belässt es nicht einfach dabei, eine Stunde länger aufzubleiben. Nein, er wacht auch noch pünktlich, kurz bevor die Eltern in die Tiefschlafphase wegschlummern, brüllend auf. Und nein, er begnügt sich nicht damit, sich mit einem Diezi oder einer Trinkflasche abspeisen zu lassen, wie es bisher wochenlang super geklappt hat. Nein, er verhält sich erst wieder solange still im Bett, bis die Eltern kurz eingeschlafen sind. Dann erinnert er die Herrschaften im Nebenzimmer lautstark daran, dass er gar nicht eingeschlafen ist.

Trotz aller guten Vorsätze – das Nachtgespenst gewinnt immer: Irgendwann liegt er grinsend im Bett von Mama und Papa.

Leider sind auch die Zeiten, in denen Loni Löwenkehle ab dann brav ins Lummerland entschwand, ebenfalls vorbei. Gefühlte drei Stunden wäugelt sich die nachtaktive Raubkatze alle – handgestoppte – zwanzig Sekunden nach links (Papa), dann wieder nach rechts (Mama) und legt sich jede Viertelstunde komplett quer über das Bett.

Nach drei Horrornächten versuchte sich der Papa mit Yogaübungen vor dem endgültigen Nervenzusammenbruch zu retten. Allerdings passierte es mir, ich war schon als linker Verteidiger zu ungelenk, dass ich mir meinen Rücken verrenkte. Hexenschuss. Gefolgt von totaler Bewegungsunfähigkeit in der Nacht.

Es kam, wie es kommen musste: Schlummern – Geschrei – Resignation – Kind im Bett – Wäugeln, wäugeln, wäugeln… Der Mama wurde das Wäugeln offensichtlich zu viel, sie flüchtete ins Kinderzimmer. Als ich unter Schmerzen gegen fünf Uhr erwachte, krabbelte das Kind gerade über meinen Kopf. Ich wollte ihn weg schieben, aber jede Bewegung schmerzte wie ein Stich mit einem ganzen Messerset. Ich rief um Hilfe, aber nebenan schliefen sie den Schlaf der Gerechten. Das Kind wäugelte sich nun auf meiner Nase, wäugelte über meinen Kehlkopf, rammte mir die Beine in die Ohren, küsste mich mit mehreren zärtlichen Kopfnüssen wach und hauchte mir mit seiner Löwenstimme sein erstes offizielles Wort entgegen: „Hallo!“ „Guten Morgen, mein Löwe…“

 

 

…und geht es nur meiner Rechtschreibkorrektur so, oder kennt auch ihr das Wort „wäugeln“ nicht???

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