Begonnen hat ja alles mit den Bienen. Seit dem Bienen-Bürgerbegehren und seit sich selbst unser Ministerpräsident grün aufmanderlt, scheint in Bayern alles möglich. Oder zumindest in Sachen Umwelt wenig unmöglich. Aber einen veganen Bayern? Kann und will man sich so etwas ausmalen?
Natürlich schreitet auch der Bayer forsch voran, wenn es um einen nachhaltigen CO2-Fußabdruck geht. Aber was bleibt denn noch vom vita bavaria übrig, wenn man auf sämtlich Tierisches verzichtet? Fangen wir mal beim klassischen Postkarten-Bayern an: Der frühstückt jeden Tag seine Weißwurst, isst mindestens eine Leberkässemmel zum Mittagessen und am Sonntag gibt’s an gscheiten, Schweinebraten. Fiele alles weg. Ja, sakra. Und von Lederhose und Gamsbart rede ich erst gar nicht. Was bleibt denn dann überhaupt noch übrig, was uns zu einem Bayern macht? Ah ja, das Bier. Wenigstens das. Ein kleiner Lichtblick.
Ein bisserl faszinierend ist es schon, wie viele der urbayerischen Identitäts-Symbole mit Tierprodukten zu tun haben.
Was wäre Bayern ohne die Kuhglocken auf der Almwiesen, ohne das Krähen des Hahns auf dem Misthaufen? Gleichzeitig ist der Bayer durch und durch naturverbunden. Wie passt das zusammen? Vielleicht eben deshalb. Seit Urzeiten lebten die alten Bajuwaren in enger Symbiose mit den Tieren, die zum Überleben und zur Lebensgrundlage unserer Vorfahren zwingend notwendig waren. Heutzutage muss in Bayern niemand mehr verhungern, wenn es sonntags keinen Schweinebraten zu Essen und auf der Alm keine Ziegenmilch zu trinken gibt.
Wer wirklich naturliebend ist, wird zumindest darüber nachdenken, auf das eine und andere Tierprodukt zu verzichten. Ob man auch ohne Lederhose noch ein echter Bayer ist? Da lehne ich mich mal ganz auf bayerische Art zurück und zucke die Schultern. „Ist mir Wurst“, raunze ich, beiße in meine vegane Wurstsemmel und nehme einen Schluck Hafermilch. Denn die bayerische Lebensart geht natürlich viel tiefer als Weißwurst und Leberkäs. Außerdem ist es noch gar nicht so lange her, da hat der echte Bayer zumindest vegetarisch gelebt. Der Bauer von einst war nämlich entweder zu arm oder zu g’ruachad, Fleisch zu essen. Da landeten Kraut und Kartoffel auf den Tisch. Dass dies lange Zeit der bavarian way of life war, das haben die heutigen Leberkäs-Folkore-Bayern erfolgreich verdrängt.
Der Traunsteiner Autor Bernhard Straßer berichtet in seiner Kolumne alle zwei Wochen in der "Hallo Nachbar" über seinen "Alltag in Weißblau". Alle Beiträge findest Du hier: https://www.chiemgauseiten.de/bernhard-strasser/mein-alltag-in-weissblau/
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jJQaBOcg (Dienstag, 27 September 2022 04:20)
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