Zu den bayerischen Lieblingskulinaritäten gehört neben Weißwurst und Leberkässemmel auch das Wiener Würstel. Wobei das, man hört es ja schon am Namen, eigentlich eher dem Nachbarland zuzuordnen ist. Dort nennt man die Traditionswurst wiederum Frankfurter, was wiederum auf hessische Wurzeln hinweist. Wem gehört sie denn nun, die Wiener Wurst?
Die Geschichte des Wiener Würstels ist lang und kompliziert. Die Frankfurter reklamieren, scheinbar auch zu Recht, die Urheberschaft der beliebten „Brühwurst im Saitling“ für sich. Allerdings brauchte es die Zwischenstation Wien, wo der ausgewanderte Frankfurter Metzger Johann Georg Lahner Anfang des 19. Jahrhunderts die Frankfurter/Wiener zum Fastfood-Hit aller Standesklassen machte. Der eigentliche Unterschied zwischen Frankfurtern und Wienern besteht laut Würstelexperten darin, ob sie mehr Rind- oder mehr Schweinefleisch enthalten. Weshalb das Thema Wiener oder Frankfurter mir ziemlich Wurst ist, seitdem ich kein Fleisch mehr esse. Weniger Wurst ist es meinen Kindern. Die lieben alles, was es in bayerischen Metzgereien warm oder kalt auf die Hand gibt. Da ebendiese deftigen Köstlichkeiten bei uns daheim nicht mehr auf dem Speiseplan stehen, haben sie neue Bezugswege gefunden, um die heimische Fleischindustrie tatkräftig zu interstützen. Wie ich erst jetzt leidvoll erfahren habe. Der eine heißt "Oma" und war mir zulänglich bekannt, weil Omas halt dazu da sind, dafür zu sorgen, dass auch Kinder vegetarischer Eltern nicht vom Fleisch fallen. Die andere Quelle wurde mir erst jetzt zugetragen: Unser kleiner Scheinvegetarier verlässt morgens das Haus mit einer Brotzeitbox voller gesunder, fleischlos ausgewogener Nahrung. Wir waren sogar ein wenig stolz auf unseren braven Bub, dass er sich schon seit so langer Zeit brotzeittechnisch vegetarisch ernährt. Nun ist aber aufgeflogen dass es in der Klasse teils unvorteilhafte Tauschgeschäfte gab. In anderen Worten: Der Schlawiner hat wochenlang dreisten Mundraub begangen und sich mit stibitzten Wiener Würstel den Wanst vollgeschlagen!
Unser Plan, derartige Diebstähle künftig zu unterbinden, ist nun, künftig vegetarische Wiener in die Brotzeitbox zu schmuggeln. Aber leider, leider schmecken die halt noch nicht so lecker wie die echten Wiener. Das weiß auch unser Schlawiener und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er diese dann doch wieder gegen das Original eintauscht…